Skye war unheimlich stolz auf sich gewesen! Es war tatsächlich der letzte Tequila geblieben und das war auch gut so. Auch wenn sie sich rausputzen sollte, so änderte das nichts daran, dass sie die Assistentin von EXO war und nicht besoffen durch die Gegend fallen konnte. Zumal das in den Absätzen gemeingefährlich war.
Sie hatte Jiyong nicht mehr gesehen, nur Jennie war irgendwann durch die Menge gehuscht und Skye war der Meinung, dass sie Tränen gesehen hatte. Es tat ihr nicht leid. Wenn Jiyong die Wahrheit gesagt hatte, hieß das, dass Jennie ihn belauscht haben musste. Mit gestohlenem Wissen zu prahlen war nicht die beste Vertuschungsaktion und daher wäre es richtig, wenn sie deswegen Streit mit Jiyong bekommen hätte.
Allerdings kam die Amerikanerin auch nicht über den Ehevertrag hinweg. Geld war nie ein Thema gewesen, im Gegenteil. Sie hatte es gehasst, wenn er ihr teure Geschenke holte und sie hatte ihren Roulette-Gewinn mit ihm geteilt. Wenn sie es auf Geld abgesehen hätte, hätte sie einfach nichts gesagt, hätte sich das ganze Geld eingesackt und wäre damit abgehauen. Wie also, um alles in der Welt, kam Jiyong jetzt plötzlich darauf? Aus irgendeinem unerfindlichen Grund fiel ihr dazu nur ein Wort ein: Youngbae. Sie hatte keinen Zweifel daran, dass er Jiyong so einen Unfug in den Kopf gesetzt hatte, aber gut, ihr sollte es recht sein.
Gegen 2 Uhr waren sie Zuhause gewesen. Jongin schlief bei Skye und ging vorher duschen. Skye hingegen schaffte es gerade noch so aus dem Kleid und den Schuhen und fiel dann in ihr Bett. Sie war schon weg gedämmert, als sie Jongins Küsse im Nacken spürte und ihr Körper reagierte von ganz alleine auf ihn.
An diesem Morgen konnten sie etwas länger schlafen. Jongins Termin in der Klinik war um 10 Uhr und so lungerten sie, für ihre Verhältnisse, lange im Bett rum. Beide waren schon um kurz nach 7 Uhr wach, was einfach aus ihrem natürlichen Rhythmus entstand, doch man konnte ja noch andere Dinge tun, als aufstehen und arbeiten.
Skye machte ihnen French Toast zum Frühstück und gemeinsam saßen sie am Tisch.
„Immer noch nicht nervös?“ Heute wirkte er doch etwas angespannter, als gestern.
„Es ist ein Routine-Eingriff, der nur ein paar Sekunden dauert.“ Es schien als würde er sich das vorbeten, bis er es glaubte.
„Das Flugzeug ist statistisch gesehen auch das sicherste Verkehrsmittel und trotzdem haben Leute, die Auto und Zug fahren, Angst vor dem Fliegen. Es ist okay Angst zu haben“, erwiderte sie ihm.
„Ich bin froh, dass du dabei bist“, sagte er nur und Skye lächelte.
Bevor sie los fuhren, schaute Skye noch im Pit vorbei, doch die Männer waren schon ausgeflogen.
Bei dem Vorgespräch war Skye noch dabei gewesen. Drei Tage Ruhe. Am liebsten würde sie wetten, dass er sich nicht daran halten würde – das wäre leicht verdientes Geld. Am ersten Tag keine Bildschirme, kein Handy, kein Fernseher. Das würde er hin bekommen. Wahrscheinlich würde er viel schlafen. Er sollte helles Licht vermeiden für die ersten Tage – gut dass das Konzert erst am Wochenende war. Man gab ihm Schmerztabletten und Augentropfen mit und dann wurde es ernst. Vor der Tür zum Behandlungsraum blieb er stehen. Skye umarmte ihn von hinten.
„See you in a min“, flüsterte sie und dann war er weg. Sie durfte nicht mit in das Behandlungszimmer und sie war etwas froh darüber. Das Auge wurde mit so einer Spange aufgehalten, schön war was anderes. Skye blieb in dem Besprechungszimmer. Alles war hypermodern, alles leuchtete. Sie wollte nicht wissen was ein Arzt in Seoul verdienen musste, um so eine Klinik zu errichten. Das Augen Lasern war in Korea verhältnismäßig günstiger als in Amerika oder Europa, dabei war die Technologie hier sogar weiter. Die plastische Chirurgie in Südkorea war am boomen und zog viele Touristen hier her. Ganz ehrlich, falls Skye jemals international gesucht werden würde, würde sie auch hier her kommen. Hier brach man Kiefer und andere Knochen und bastelte daraus ein völlig neues Gesicht. Der neuste Trend war Fuß-Chirurgie. Hübsche Füße. Füße waren immer noch nicht beliebt in Korea und wenn man sie wenigstens hübscher machen konnte, war es das wohl wert, das man wochenlang Schmerzen hatte und nicht richtig laufen konnte. Für Skye hatte alles seine Grenzen. Nun muss man dazu sagen, dass Skye sich bewusst war, das sie hübsch war. Vielleicht nicht für jeden, denn Schönheit lag auch immer im Auge des Betrachters, doch theoretisch gesehen, konnte man nicht sagen, dass sie schlecht aussah. Sie hatte eine Stubsnase, volle Lippen, Grüppchen und ein schmales Gesicht. Sie war klein und dünn und hatte es doch irgendwie geschafft sich ein wohlgeformtes B-Körbchen heran zu ziehen und sie hatte keinen flachen Hintern. Für sie musste alles in einer guten Proportion stehen. Mit einem D-Körbchen würde sie komisch aussehen, genau so wie mit dem Hintern von Kim Kardashian. Wer auf vollbusige Frauen stand, dachte wohl sie wäre eine Puppe, die man aus Versehen kaputt machte. Wer auf Brünette stand, würde sich auch nicht für sie interessieren. Doch musste man jedem gefallen? Auf keinen Fall. Das wäre ja schrecklich! Wie sollte man da noch unterscheiden, wieso man jemanden mochte? Bisher war Skye noch nie in einer Situation gewesen, in der sie etwas für jemanden empfunden hatte, der nichts für sie empfand. Manche mögen das als ‚verwöhnt‘ bezeichnen, doch Skye war, was Gefühle betraf, eher reserviert und dachte genau darüber nach. Sie reagierte nur auf eindeutige Zeichen, weshalb sie das mit Siwon auch nicht verstanden hatte. Wenn jemand Buddy-Buddy mit ihr war, war sie auch nur Buddy-Buddy mit ihm. Mit Jongin hatte sie geflirtet, weil er geflirtet hatte. Deswegen konnte sie damit leben, wenn nicht jeder sie mochte, solange die, die sie mochte, Skye mochten.
Nach ein paar Minuten kam der Arzt mit Jongin wieder aus dem Zimmer. Er trug eine Sonnenbrille und eine Schwester stützte ihn.
„Ist alles okay?“ Sie war aufgestanden und ging auf ihn zu, um seine Hände zu nehmen.
„Alles ist gut gelaufen, heute wird er wahrscheinlich noch Schmerzen haben, passen Sie auf, dass er sich ausruht.“
„Das werde ich.“ Sie verbeugte sich und nahm Jongin am Arm.
„Come on Stevie … we’ll get you home.“
„Sehr witzig“, erwiderte er. Skye biss sich auf die Lippen, um nicht zu grinsen – aber hey, was soll’s, er sah es wahrscheinlich ohnehin nicht!
Mit dem Fahrstuhl fuhren sie in die Tiefgarage.
„Wie fühlst du dich?“
„Als wenn jemand mit einem Laser in meinem Auge rumgestochert hätte – nein, warte, genau das ist passiert!“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. Wenigstens albern konnte er noch sein.
„Es ist okay, es spannt etwas und meine Augen tränen, aber irgendwie freue ich mich auf dein Bett.“
„Ich glaube wir bleiben bei der Couch – ich lasse dich in dem Zustand keine Treppen gehen.“
Seine Fans hassten sie jetzt schon, nicht auszudenken, was passieren würde, wenn er sich in ihrer Obhut auch noch etwas brechen würde, das Genickt oder so. Es würde in Skyes Raster als Todesengel fallen. Bisher lief es ganz gut, doch sie wollte das Schicksal nicht zu sehr herausfordern.
Zuhause angekommen schlief Jongin sofort ein. Skye schrieb den anderen, das alles gut gegangen war und stellte sich einen Wecker für seine Augentropfen. Solange setzte sie sich an den Computer und begann mit der Planung für Korsika. Zuerst die Flüge. Sie schaute sich den Plan der Tour an und im Mai hatten sie tatsächlich ein 3 Wochen Fenster, indem es keine Konzerte gab. Sie wollte, dass sie Band eine Woche auf Korsika war, damit sie auch mal etwas runter kommen konnten. Die Flugverbindungen nach Figari waren unterirdisch. Auf dem Hinflug hatten sie die Wahl einen Tag in Paris zu bleiben oder über Marseille weiter zu fliegen. Immerhin sparten sie an Guides auf Korsika – sie hatten ja Skye. Sie kannte sich aus und sprach Französisch. Und sie bräuchten vielleicht zwei Sicherheitsleute, vielleicht drei, mehr nicht, denn Skye bezweifelte, dass Kpop seinen Weg auf die verschlafene Insel bereits gefunden hatte. Es war also die Band, zwei Sicherheitsleute, Youngjun, Skye, Stylisten und vielleicht drei Fotografen? Vom Team sehr überschaubar. Sie bräuchten drei Vans und die Unterkunft. Für diese Fixkosten erstellte sie einen Plan, inklusive des Flugzeugs von Paris nach Figari. EXO bekamen bei Air France ein Upgrade auf die gebuchte Klasse und Youngjun hatte ihr gesagt, sie solle Business buchen, damit sie dann First fliegen würden, doch Skye sah, dass es im Moment eine Aktion gab um Meilen zu kaufen. Mal abgesehen davon hatten sie schon einige Meilen gesammelt. Sie zögerte nicht lange und kaufte genug Meilen zum Sonderpreis, um ein Upgrade von Economy auf Business mit den Meilen zu bezahlen und so würde die Businessclass nur ein Bruchteil von dem kosten, was sie eigentlich kostete. Man musste ja nichts verschenken und Skye war gut in solchen Dingen. Sie war schon immer viel unterwegs gewesen, obwohl sie früher nie viel Geld hatte. Ihre Eltern verdienten normal, aber nun auch nicht überdurchschnittlich und Skyes Reisen konnten sie nicht finanziell unterstützen. Trotzdem hatte Skye sich immer anhören dürfen ‚Ich weiß gar nicht wo du das ganze Geld her hast für all die Urlaube‘ oder ‚So viel Geld hätte ich auch gerne, um so viel zu reisen‘. Sie hatte sich darüber immer geärgert, denn sie schleuderte kein Geld raus. Wenn sie sich ein Ziel gesetzt hatte, hatte Skye Stunden, Tage und Wochen damit verbracht. Jeden Tag hatte sie die Flug- und Hotelpreise verglichen, hatte auf Specials und Preisfehler gewartet. Wenn man den Markt beobachtete, konnte man viel Geld sparen. Sie war nie in tollen Unterkünften gewesen. Sie wollte immer ihr eigenes Bad, aber da hörten ihre Ansprüche auch schon auf. Sie hatte in Korea nie Luxushotels gebraucht – für was? Sie war ohnehin den ganzen Tag unterwegs und fiel irgendwann nachts halbtot ins Bett. Das Geld konnte sie sich also schenken und mit ihrer Devise nie mehr als 35-40$ pro Nacht für ein Einzelzimmer auszugeben, war sie immer gut hin gekommen. Auf Fiji hatte sie anfangs in Kokons gewohnt, die an Bäumen hingen und ein Tuch als Tür hatten. Da gab es natürlich keine eigene Toilette, aber gut, wie oft schlief man schon im Baum?
Irgendwann war es Zeit für Jongins Augentropfen und obwohl er sich tapfer stellte, so wusste sie, dass vor allem der erste Tag sehr unangenehm war und so mischte sie ihm ein leichtes Schmerzmittel unter den Tee, woraufhin er sofort wieder einschlief.
Gegen Mittag kamen Suho und Chen zu ihr rüber. Als Skye die Tür öffnete legte sie den Zeigefinger auf die Lippen.
„Wie geht es ihm?“, flüsterte Chen.
„Soweit ganz gut“, flüsterte Skye zurück und die beiden Bandkollegen schauten zu Jongin.
„Wenn etwas ist, dann ruf uns an, okay?“, sagte Suho und Skye nickte.
„Hey, wenn ihr später vom Training kommt, sagt Bescheid, ich bestelle dann für uns Essen.“
„Schon gut, wir bringen etwas mit“, erwiderte Chen lächelnd.
Eine Weile nachdem die beiden weg waren, brummte Skyes Telefon. Es war eine Nachricht von Changmin, der sie bat kurz zu ihm zu kommen. Die Amerikanerin schaute auf. Jongin war noch immer am Schlafen, sicherlich könnte sie ihn kurz alleine lassen. Sie hätte ihm ja einen Zettel geschrieben, aber nun, heute wäre das wohl keine gute Idee.
Leise schloss sie die Tür und ging zu Changmins Apartment.
„Was gibt’s?“, fragte sie und bekam zwei Krawatten vor die Nase gehalten.
„Rot oder Blau?“
„Ernsthaft? Für was habt ihr eigentlich Stylisten?“
„Die wollten pink, ich nicht. Also habe ich gesagt ich suche mir selbst die Krawatte aus.“
Skye schüttelte den Kopf und deutete auf die blaue Krawatte.
„Ansonsten … alles okay bei euch? Ihr glüht ihm Moment so.“
Da fing die Assistentin an zu lachen.
„Wir was?“
„Ihr … glüht.“
„Wie oft warst du schon verliebt?“
„Nicht sehr oft“, gab der Sänger zu und lehnte sich an den Esstisch.
„Es ist nicht einfach mit uns. All diese Heimlichtuerei. Hast du jemand aus dem Entertainment, hast du zwei Terminpläne die du koordinieren musst und hast du jemand … Normales, dann willst du ihn oder sie nicht in all den Stress reinziehen. Ihr ausländischen Assistentinnen habt das irgendwie geändert. Mia hat uns immer normal behandelt. Sie hat keinen sonderlich großen Respekt uns gegenüber gehabt, sie sagt offen ihre Meinung, wie du auch. Viele Ausländer verstehen unsere Kultur nicht, aber du und Mia, ihr haltet das in einer guten Waage und wir Musiker sind Ausländern oft aufgeschlossener, weil wir durch unseren Beruf mehr mit Ausländern zusammenarbeiten. Wir müssen uns nicht verbiegen, weil ihr uns kennt, wir müssen keine Geheimnisse vor euch haben, weil ihr ohnehin in der Materie steckt und obwohl ihr nicht wie unsere Mütter kocht, so habt ihr sie doch irgendwie verzaubert.“
Skye dachte über seine Worte nach.
„Es hört sich an wie ein Kompliment, aber irgendwas zwischen den Zeilen scheine ich übersehen zu haben.“
„Ich will sagen, dass ihr euch super als Partner eignet, aber denke auch daran wie kompliziert es wird, wenn es nicht funktionieren sollte. Du bist EXOs Assistentin geworden, ihr hängt nun ständig aufeinander. Wenn es nicht funktioniert, wird es kompliziert.“
Da hatte er Recht und der Gedanke hatte auch mal Skyes Großhirn gekreuzt. Vielleicht hatte sie den Assistentenjob zu schnell angenommen. Jiyong und Skye arbeiteten nicht zusammen und selbst hier war ein Nachbeben zu spüren, nicht auszudenken, wie das bei Jongin werden würde. Andererseits wollte sie im Moment gar nicht an so etwas denken. Sie war glücklich. Sie fühlte sich wohl. Jongin fühlte sich wohl. Alles war gut. In Skyes Chaostheorie des Lebens kam nur immer die Frage ‚Wer weiß wie lange?‘, doch in diesem Fall würde das die Zeit zeigen. Sie wusste nicht ob Jongin ihr Donghae war, ob sie für immer mit ihm zusammenbleiben würde. Skye wusste nur, dass wenn sie Kinder bekommen würden, dass sie seine Haare und Skyes Augen haben sollten.
Einen Moment lang schwiegen sie sich an.
„Okay, wenn das dann alles war …“, sagte sie und drehte sich zum Gehen um.
„Skye, ich wollte nicht dass es komisch ist, ich will nur, dass du auf dich aufpasst“, ergänzte Changmin und Skye nickte.
„Danke, Oppa.“
Als die Tür hinter ihr zu fiel, blieb sie einen Moment stehen und schüttelte den Kopf. Auf dem Weg zu ihrer Wohnung stand auf einmal Fynn vor ihr.
„Wie kommst du eigentlich hier rein?“, fragte sie ihn und machte sich gedanklich eine Notiz, dass sie unbedingt das Sicherheitspersonal checken musste.
„Ich komme im Auftrag von Noah.“ Das beantwortete Skyes Frage nicht wirklich.
„Noah bitte dich heute Abend im Najima aufzutreten.“
„Nein.“
„Er hat wichtige Geschäftspartner und will nichts dem Zufall überlassen.“
„Nein“, wiederholte sich Skye.
„Er wird dich gut dafür entlohnen.“
„Lese es mir von den Lippen ab: Aniyoooo.“
Damit drehte Fynn sich um und ließ Skye stehen. Wortlos schaute sie ihm nach und sie wusste, dass war noch nicht vorbei.
Eine Stunde später klopfte es an der Tür. Jongin war halbwegs wach und schaute auf. Als Skye die Tür öffnete, rechnete sie mit Fynn, doch es stand Noah vor ihr.
„Skye.“
„Noah.“
Er wartete nicht darauf, dass sie ihn herein bat, sondern schlenderte ganz selbstverständlich in Wohnung.
„Mir wurde berichtet, dass du mein Angebot abgelehnt hast.“
„Was für ein Angebot?“, fragte Jongin.
„Er will, dass ich heute Abend im Najima singe“, erklärte Skye und verschränkte die Arme. „Und ich habe ‚nein‘ gesagt.“
„Und wieso genau?“, wollte Noah wissen.
„Weil Jongin heute eine OP hatte und er nicht nur mein Freund ist, sondern auch mein Arbeitgeber.“ Und das im doppeltem Sinne.
Noah schaute zu dem Sänger.
„Er ist doch kein Baby, du wirst ihn ein paar Stunden alleine lassen können.“
„Oder ich kann mitkommen“, schlug Jongin vor.
„Ganz ruhig Steve Wonder. Wir machen heute einen ganz gemütlichen Abend.“
Noah schnalzte mit der Zunge und rollte die Augen.
„Nur zwei Stunden. Bi … Bit…“, er schien Probleme mit dem Wort zu haben.
„Bitte?“, fragte Skye und Noahs Blick erhellte sich.
„Genau das! Also? 2 Stunden?“
Skye schaute zu Jongin, der mit dem Kopf nickte. Da Skye nicht direkt ablehnte, sah Noah das als stumme Zustimmung an.
„Sehr schön! Was willst du dafür haben? Mit Geld kannst du nicht so viel anfangen … let’s see… eine Woche kostenfreie Anwendungen in meinem Spa?“
Skye verzog das Gesicht – wann hatte sie denn bitte Zeit in ein Spa zu gehen?
„Okay … einen Monat all inklusive im Najima?“
Skye zog die Augenbrauen immer tiefer.
„Alight, Ariel, the girl who has everything – what do you want?“
Die Amerikanerin dachte darüber nach. Sie hatte eine tolle Wohnung, ein Auto, super Gehalt.
„A roof garden.“
„Was?“
Sie nahm Noah bei der Hand und stieg mit ihm durch das Fenster in ihrem Schlafzimmer, um ihn auf’s Dach zu bringen. Dort blieb sie stehen und Noah schaute sich um.
„Nicht schlecht. Was hast du dir vorgestellt?“
„Rasen und vielleicht einen Sichtschutz und ein paar Bäume … vielleicht einen Pool?“
„Oh girl, dafür musst du etwas mehr tun, als zwei Stunden zu trällern.“
„Bis zum Sommer ist es lange hin. Sagen wir fünf Auftritte?“
Nun schien er das Ganze abzuwägen. Frei-Spa und Frei-Getränke kosteten ihn letztendlich nichts, aber man konnte ihr auch nicht erzählen, dass Noah irgendwelche finanziellen Probleme hatte.
„Deal!“
Nachdem sie mit Fynn eine Zeit ausgemacht hatte, ließ sich Skye zu Jongin auf die Couch sinken und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, seufzend.
„Du armes, armes Mädchen“, sagte er und sie hörte das Grinsen in seiner Stimme.
„Ich wollte heute nur für dich da sein.“
„Na ja, bis 22 Uhr ist es auch noch etwas hin…“
Er zog sie zu sich und küsste sie. Argumentation war alles.
„Wir müssen uns anziehen“, sagte Skye reuevoll, als sie die Nachricht von Suho las, der ihr geschrieben hatte, dass sie gleich da wären. Jongin küsste ihren Nacken und verharrte.
„Oder … wir könnten das Abendessen ausfallen lassen…“
„Kommt nicht in Frage, du musst deine Medikamente nehmen und die sollst du nicht auf leerem Magen nehmen.“ So sehr sie es liebte so mit ihm zusammen zu liegen, so war er heute Patient. Auch wenn er darauf bestand mit ins Najima zu kommen. Mit Sonnenbrille. Das würde lustig werden und Skye überlegte schon die ganze Zeit, wo sie auf die Schnelle einen Blindenstock her bekommen könnte.
Jongin weigerte sich füttern zu lassen und Skye ließ ihn seinen Mann vor seinen Bandkollegen stehen.
„Und … was hast du heute so gemacht?“, fragte Baekhyun. Die Amerikanerin stellte seine Intention in Frage, antwortete aber trotzdem.
„Ich habe heute die Planung für Korsika gemacht. Flüge und Hotels sind geblockt, ich warte nur auf Youngjuns Okay und dann buche ich es durch.“
Da wurden sie alle hellhörig. Auch EXO freuten sich auf Sonne und Strand und wenn jemand sie dabei fotografieren wollte, na dann.
„Wieso Korsika?“, wollte Chanyeol wissen, der erst mal geschaut hatte, wo genau das lag. Doch selbst innerhalb Europas kannten viele Korsika nicht. Die Korsen blieben gerne unter sich und ließen das die auffälligen Touristen auch spüren. Skye hatte sich dort super wohl gefühlt. Ja, manche Korsen waren eigen, vor allem die älteren – vor allem wenn sie einparkten, vorne und hinten gegen die Autos fuhren und dann noch nicht einmal schauten, ob sie einen Schaden verursacht hatten. Oder in Pianottoli gab es diesen alten Kerl, der vor Jahren einen Schlaganfall hatte und seither halbseitig gelähmt war und trotzdem Auto fuhr. Die Mühe mit dem Einparken machte er sich gar nicht, er blieb einfach auf der Straße stehen und da er kein Geld hat, um sich ein behindertengerechtes Auto zu holen, muss er halt mit dem Arm auf sein Bein drücken, wenn er die Kupplung betätigen wollte. Aber kuppeln war auch überbewertet.
Alle schauten erwartungsvoll zu Skye, die in Gedanken versunken war.
„Oh … sorry … Korsika ist … es ist dieses Gefühl … und dieser Geruch … die Farbe des Meeres …ich kann es schwer beschreiben.“
Skye hatte viele Orte auf dieser Welt, die ihr ein bestimmtes Gefühl gaben. Korea gab ihr auch ein Gefühl, ein Gefühl von Freiheit. Oder Namibia gab ihr das Gefühl tanzen zu wollen. Fiji gab ihr das Gefühl der einzige Mensch auf dieser Welt zu sein, als wäre es ein Ort, an dem nie etwas Schlimmes passieren könnte.
„Ich habe mir deine Bilder angeschaut, ich glaube Korsika wird toll“, meinte Sehun zuversichtlich und die anderen nickten. Noch nicht einmal Baekhyun fiel etwas Freches dazu ein.
Die Assistentin fand ein Paket vor ihrer Wohnungstür.
„Ich muss ein ernstes Gespräch mit diesem Sicherheitspersonal führen“, sagte sie und nahm das Päckchen hoch.
Wieso schickten ihr ständig Leute Kleider? Dachten sie, sie hätte nicht genug Klamotten nach zwei Monaten gesammelt? Sie stellte die Schachtel auf dem Tisch ab und öffnete sie. Darin versteckte sich ein goldenes Kleid. Das Diane von Fürstenberg Wickel-Kleid, mit freiem Rücken hatte einen Wasserfallausschnitt. Noah hatte tatsächlich auch doppelseitiges Klebeband beigelegt und brachte damit Skye zum Lachen. Dabei lagen noch goldene Armreifen und goldene Pumps. Wenn schon, denn schon oder so viel zum Thema ‚Dress to impress‘.
„Bei jedem anderen Kerl würde ich mir Gedanken machen, aber bei Noah irgendwie nicht. Ist das komisch?“, fragte Jongin, als er ihr über die Schulter schaute.
„Nein, das nennt man Vertrauen.“
„Es geht ja nicht darum, dass ich dir nicht vertraue. Ich vertraue nur den anderen nicht“, gab er zu.
Um 21:30 Uhr klopfte es an der Tür. Diesmal kam Taemin.
„Was tust du hier?“ Jongin schaute überrascht zu seinem Freund, den er selbst halbblind erkannte.
„Skye hat mich angerufen. Ihr wollt zu diesem Club gehen und ich bin eure Begleitung.“
Skye war es lieber, dass Jongin noch jemand dabei hatte, falls es ihm nicht gut gehen sollte.
„Du bist die beste Freundin aller Zeiten.“ Der Sänger lehnte sich zu Skye und gab ihr einen Kuss.
Im Najima angekommen, begrüßte sie Noah schon an der Tür.
„Skye, du hast einen wundervollen Geschmack … ach warte, es ist ja mein Geschmack!“ Er grinste frech und die Amerikanerin konnte es ihm nicht verübeln.
„Ja, ja, schon gut, das Kleid ist ein Traum.“
„Hier ist eine Liste von Wünschen…“
Noah holte aus seinem Jacket eine Liste mit ungefähr 20 Liedern hervor und reichte sie Skye. Die meisten Songs kannte sie und sie verstand in welche Richtung es gehen sollte. Seoul, R&B, aber nicht zu depressiv. Sie könnte sogar ein paar ihrer eigenen Songs einbauen.
Sie platzierten sich an der Bar. Jongin hatte Taemin eine Videocam mitgegeben, da er es selbst ja kaum sehen konnte. Skye fand es albern, aber gut, wenn er es so wollte. Fanboy Jongin war niedlich.