Um ehrlich zu sein hatte Skye keine Ahnung gehabt, wie ernst Super Junior Monopoly nahmen. Gut, manche Regeln waren modifiziert worden. Und dann gab es die Trinkregeln:
Wenn jemand auf einen Bahnhof kam, der noch niemanden gehörte, musste derjenige trinken
Wenn der Bahnhof jemanden gehörte und derjenige landete auf seinem eigenen Bahnhof, mussten alle trinken
Wer ins Gefängnis kam musste trinken
Wer auf Income-Tax kam musste einen trinken und die Steuern an alle Spieler bezahlen
Wer einen Pasch warf, musste auch trinken
Wer auf den Straßen ‚Boardwalk‘, ‚Atlantic Avenue‘, ‚Virginia Avenue‘ oder ‚Oriental Avenue‘ landete, musste trinken und für jedes Haus, dass auf diesen Straßen stand, durfte er sich einen Drinking Buddy aussuchen
Also kurz gesagt: Irgendwer musste immer trinken. Da Jongin noch nicht ganz fit war, durfte er jeden 2. Schnaps abgeben.
Siwon und Skye waren diejenigen mit dem meisten Geld, doch Skye war ziemlich hart, wenn es ums Geld leihen ging.
„Ich gebe dir 10.000, wenn ich eine Mietbeteiligung von 10% auf all deine Häuser bekomme“, schlug sie Eunhyuk vor.
„Bis der Kredit zurückgezahlt ist?“ Da lachte Skye fröhlich.
„Entschuldige, sehe ich aus wie die Wohlfahrt?“ Eunhyuk stand der Mund offen.
„Das ist Abzocke!“
„Take it or leave it.“ Skye lehnte sich nach hinten und verschränkte die Arme.
„Verdammt!“, fluchte der Rapper und nahm ihr Angebot an.
Und so spielten sie bis 3 Uhr morgens. Das Thema ‚früh ins Bett kommen‘ war somit wieder vom Tisch, aber es machte wirklich Spaß – was wahrscheinlich daran lag, dass sie alle sternhageldicht waren. Zu allem Übel verliefen sich Skye und Jongin auf dem Weg in ihre Wohnung noch. Das war wirklich eine Kunst, weil man nur dem Gang folgen musste, was einem aber dennoch nicht dorthin brachte, wo man hinwollte, wenn man in der falschen Etage war.
Sie giggelten so viel umher, dass Chen, der tatsächlich auf der Geburtstagsfeier war und jetzt nach Hause kam, sie gehört hatte.
„Was tut ihr?“ Die beiden hatten sich auf dem Boden gesetzt, weil laufen und lachen so anstrengend war.
„Wir wollen nach Hause“, jammerte Skye. Chen begriff sofort was hier los war und schüttelte leicht den Kopf.
„Ihr seid im falschen Stock“, klärte er die beiden auf.
„Wo müssen wir denn hin?“, fragte Jongin und am Ende brachte Chen die beiden nach Hause. Jongin hing links an Chens Arm und Skye rechts und so torkelten sie die Treppe nach oben.
„Du bist wirklich ein feiner Kerl!“, lobte die Amerikanerin ihn, als sie endlich Zuhause waren.
Ausschlafen war um 8 Uhr vorbei, da Jongin um 9 Uhr die Nachuntersuchung hatte. Der Arzt war zufrieden und bis Samstag sollte er wieder fit sein. Heute hieß es aber noch ausruhen und so fuhren sie zurück in Skyes Apartment. Auch wenn sie gestern Nacht nicht feiern waren, so war doch einiges an Alkohol geflossen und Jongin schlief sofort wieder ein, während Skye das starke Bedürfnis auf ein Bad hatte.
Sie lag in der freistehenden Badewanne. Das Bad erinnerte sie immer an Jiyong, aber es war zu schön um es heraus zu reißen. Skye wusste, dass alles, was Jiyong für sie getan hatte, aus ehrlichen Gefühlen entstanden war. Davon war sie überzeugt. Und es war auch schön gewesen, bis es … bis es nicht mehr schön war.
Die Amerikanerin sank tiefer in die Wanne und starrte an die Decke. Früher hatte sie oft überlegt, wie es wäre, wenn auf einmal keiner mehr da wäre. Wenn alle Menschen, außer sie, verschwunden wären. Zu diesem Thema gab es einige Bücher und Filme, erst vor ein paar Jahren hatte sie irgendeinen Künstlerfilm gesehen, wo genau das einem Touristenpaar in Island passierte. Sie wachten auf und alle waren weg. Allerdings fand sie den Film schlecht umgesetzt und er endete auch traurig. Dann gab es noch ‚The Leftovers‘, was ein Roman von Tom Perrottas war und 2014 als Serie ausgestrahlt wurde. Bei The Leftovers verschwanden nicht alle Menschen, ‚nur‘ 170 Millionen. Skye hatte die Serie geliebt, sie war verquert und abgedreht und sie fand das Ende super. Aber was wäre, wenn alle Menschen auf einmal weg wären? Skye hatte sich darüber viele Gedanken gemacht. Es wäre cool, wenn man überall wohnen könnte. Man könnte im Weißen Haus – oder in Korea im Blauen Haus – einziehen, es wäre ja niemand mehr da. Man könnte einkaufen was man wollte, Klamotten, Schmuck, teure Handtaschen. Wenn man alleine war, musste man sich auch keine Sorgen um Plünderer machen. Es gab so viel Konserven, dass man für den Rest seines Lebens irgendwie versorgt wäre. Okay, frische Sachen würden verderben und irgendwann riechen. In den ersten Tagen würde ein großer Super Markt noch ganz normal aussehen und wenn man sich 20 Gefrierschränke in den Keller stellen würde, dann könnte man Fleisch auch einfrieren. Doch wie lange würde es Strom geben, wenn nicht jemand im Kraftwerk säße um auf irgendwelche Knöpfe zu drücken? Irgendwann würde der Strom weg sein. Ein paar Jahre könnte man mit Generatoren und Gas arbeiten. Sie kannte Leute auf Korsika, die jahrelang keine Stromleitung hatten und die Kühlschränke mit Gas und Waschmaschine und andere Elektrogeräte, mit einem Generator versorgt hatten. Doch ob es in Korea noch Gas-Kühlschränke gab? Auf Fiji hatten sie auch Gas-Kühlschränke, aber sie hatten auch Generatoren und erzeugten eigenen Solarstrom. Wenn das alles schon installiert war, konnte man gut damit arbeiten, aber wenn Skye von heut auf Morgen auf sich alleine gestellt wäre, wäre es schwierig all das zu installieren. Sie verstand zwar vieles davon, aber auch nicht alles und wer wusste schon, wie lange das Internet ohne Menschen überleben würde. Wie lange würde es dauern, bis die ersten Server zusammenbrachen? Obst und Gemüse konnte man anpflanzen. Obstbäume gab es auch. Und sie bräuchte Hühner und Kühe, für Milch und Eier. Und sie würde zum Vegetarier werden, denn mit Sicherheit würde sie nicht anfangen Tiere zu töten und auseinander zu nehmen.
Dann hatte sie sich gefragt, welche die beste Zeit war zum Verschwinden. Wenn die Leute nachts verschwinden würden, wären die Straßen zumindest halbwegs leer. Wenn es tagsüber passieren würde, würde sie nirgendwo mit dem Auto hinkommen, weil die Straßen ja voll standen. Dafür waren tagsüber die Geschäfte nicht verschlossen. Wenn es nachts passieren würde, hätte Skye viele Alarmanlagen zum Ausschalten. Sie hatte sich gefragt, ob sie Zuhause wohnen bleiben würde oder ob sie in irgendeine tolle Villa ziehen würde, doch Zuhause war eben Zuhause. Heute würde sie sich für die Villa entscheiden oder die Präsidentensuite eines tollen Hotels. Die hätten vielleicht auch Generatoren. Andererseits, was, wenn der Strom gerade dann ausfiel, wenn sie im Fahrstuhl zu ihrer Suite stand? Natürlich würde sie manche Menschen vermissen, wobei Skye schon immer jemand war, der gut mit sich selbst ausgekommen ist.
Dann gab es aber auch traurige Gedanken. Was würde mit all den Tieren passieren? Wenn niemand mehr nach Hause kam, um sie zu füttern. Oder im Zoo? Frischfleisch würde sich nicht lange halten. Also was würde sie tun? Tiger, Löwen, Bären und Nilpferde frei lassen? Würden sie überleben können? Und selbst wenn, dann bräuchte Skye ein Gewehr, denn diese Tiere könnten ihr dann auch auf der Straße begegnen. Sie sah sich durch Myeongdong schlendern und dann stand ein Löwe vor ihr. Oder all die Haustiere. Katzen, Hunde, Eidechsen. Sie hatte mal eine Reportage gesehen, in der es auch darum ging, was mit unserer Welt passieren würde, wenn keine Menschen mehr da wären, um alles in Stand zu halten. Wie lange es dauern würde, bis Gebäude und Brücken einfielen. Was hatten sie gesagt wie lange es Strom gäbe? Skye konnte sich nicht mehr erinnern. Jedenfalls sagte man dort, dass die Haustiere auch gut ohne den Menschen auskommen könnten und sich ein Gleichgewicht einstellen würde. Vor allem Katzen würden die Städte erobern. Aber nicht, wenn sie eingeschlossen in einer Wohnung liegen würden. Skye könnte nicht in alle Häuser und Wohnungen einbrechen.
Nachdem ihre Familie, einer nach dem anderen, verstorben war, hatte sie sich gewünscht, dass sie eines Tages aufwachen würde und niemand wäre mehr da. Sie wäre alleine und würde schon klarkommen und wenn niemand mehr da wäre, dann könnte niemand mehr sterben. Wenn sie jetzt darüber nachdachte, dachte sie an all die Menschen, die sie in den letzten Wochen ins Herz geschlossen hatte. Man hatte sie hier aufgenommen, ohne sie in Frage zu stellen, ohne zu wissen wer sie war und ohne zu wissen, dass sie selbst dazu bereit war, ließ sie andere in ihr Herz.
„Liebling?“
„In der Wanne“, rief sie Jongin zu, der kurz darauf seinen Kopf durch die Tür steckte.
„Na, was machst du?“ Er begann sich auszuziehen, was Skye temporär ablenkte. Sie machte ihm Platz und er stieg hinter ihr in die Wanne, um sie in seine Arme zu ziehen.
„Ich habe darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn alle Menschen verschwinden würden.“
„Das wäre ziemlich einsam“, entgegnete der Sänger.
„Jetzt schon.“
Etwas später fuhren die beiden in die Akademie. Jongin wollte weiter aufnehmen und Skye ging zusammen mit ihm ins Studio. Sie fand es toll, wie viele Songs er geschrieben hatte. Er hatte nur einen Schups in die richtige Richtung gebraucht. Jongin war kein Ausnahmesänger, er war nicht wie Kyuhyun und Baekhyun oder Jonghyun, doch er war ein guter Sänger, seine Stimme hatte einen schönen Klang und Skye war der Meinung, dass er besser singen konnte, als SME ihm zutraute. Als Künstler fand sie ihn toll, er tanzte hervorragend und er flirtete auf der Bühne und er war sexier, als es gesund war. Skye war davon überzeugt, dass er mit den richtigen Songs ein erfolgreiches Album rausbringen könnte, nur war sie sich nicht sicher, ob ihm das auch jeder gönnte.
Heute wollte er ein schnelleres Lied aufnehmen. Es ging um einen ausgelassenen Abend mit Freunden, an dem man trotzdem an seine Freundin Zuhause dachte und auch wenn man Spaß hatte mal nur mit den Kumpels unterwegs zu sein, so freute man sich doch, wenn man wieder Zuhause war. Sie hatte ihm verboten Lieder über ihre Liebesbeziehung zu schreiben, was nicht bedeutete, dass er gar keine Liebeslieder singen durfte und dieser hier war ziemlich neutral.
Einer der Produzenten war dabei und hörte sich den Song an. Bald waren sie in der Arbeit vertieft und Skye schlich sich aus dem Studio.
Sie fand Mia im Tanzstudio, alleine. Die Tänzerin machte die Musik aus, als Skye reinkam.
„Hey, wie geht’s dir?“, fragte die Deutsche lächelnd und nahm sich ihre Wasserflasche.
„Gut, wir waren heute Morgen beim Arzt, er sagt die OP ist gut gelaufen.“
„Und ich hatte mich schon darauf gefreut blindengerechte Choreos zu machen“, scherzte Mia und setzte sich auf den Boden.
„Bist du bereit für Singapur?“
Mia erinnerte sich noch gut an ihre erste Super Show. Alles war so durcheinander gewesen und sie hatte sich gefühlt, als würde sie ständig im Weg stehen.
„Soweit, ich freue mich total, bin aber auch aufgeregt – irgendwelche Tipps?“
Mia schüttelte den Kopf.
„Du machst das schon. EXO sind erwachsen. Sie sind ungefähr auf dem Stand, wie Super Junior, als ich zu ihnen kam. Sie wissen was sie tun und sie wissen, was sie nicht tun sollten. Keine Sorge, sie sind vernünftiger als Super Junior damals – und ich habe mir sagen lassen, dass sie da schon als recht vernünftig eingestuft wurden.“
„Irgendwie habe ich Probleme mir das vorzustellen“, gab Skye zu und sie lachten fröhlich.
Vor allem, weil Youngjun nicht dabei war, war Skye nervöser als vorher. Sie wusste, dass EXO noch andere Manager hatte und das unzählige Leute dort sein würde, um auf die Sänger aufzupassen und doch hatte sie gehofft, dass beim ersten Mal Youngjun dabei wäre.
„Sie sind gute Jungs, meistens. Sie wissen, dass sie nachts zu schlafen haben und sie wissen, dass sie sich halbwegs gut zu ernähren haben. Alles andere ergibt sich von selbst. Ach übrigens, du hast wohl ein Zimmer mit Jongin zusammen“, erzählte Mia grinsend.
„Wirklich? Wow …“
„Ihr seid offiziell zusammen. Bei mir und Donghae war an so etwas nicht zu denken. Es wurde viel gemunkelt, doch anfangs wussten nur Super Junior, dass wir zusammen waren. Kim hat es bestimmt auch gewusst, aber ansonsten sollte es niemand mitkriegen, also hatten wir getrennte Zimmer und sind nachts durch die Flure geschlichen“, erinnerte sie sich.
Wahrscheinlich machte sich Skye nur irrer, als sie musste. Wahrscheinlich würde es langweilig werden. Okay, langweilig war vielleicht nicht zutreffend. Langweilig wurde es letztendlich nie. Auf dem Weg zurück ins Studio, kam ihr Seunghyun entgegen.
„Oppa! Was machst du hier?“ Sie drückte den Rapper und bemerkte, wie sehr sie ihn vermisste, seit das mit ihr und Jiyong in die Brüche gegangen war.
„Mit dir einen Kaffee trinken gehen“, erwiderte er fröhlich. Na was ein Zufall aber auch! Sie sagte nur kurz Jongin Bescheid, doch er war so vertieft in der Arbeit, dass sie ihn nicht stören wollte.
Gemeinsam liefen Skye und Seunghyun zu einem Café um die Ecke und suchten sich ein Plätzchen oben im ersten Stocke. Skye ging die Getränke bestellen, was Seunghyuns Alpha-Ego zwar nicht gefiel, aber sie wollte nicht direkt einen Flashmob im Café haben.
Sie kam zurück mit Tablett und stellte Seunghyun seinen Kaffee hin, während sich eine Mint-Schokolade geholt hat. Er saß da ganz ruhig, die Hände auf dem Tisch gefaltet und schaute sie an.
„Wieso komme ich mir vor wie in einer Therapiestunde?“, fragte sie unsicher.
„Wie geht es dir?“
„Gut, wie geht es dir?“, entgegnete sie und nahm einen Schluck, weil sie die Situation verunsicherte.
„Ich habe einen Freund und einen Bandleader, dem ich im Moment am liebsten den Hals umdrehen möchte.“
„Und du meinst das ist meine Schuld?“
„Nein.“ Er schüttelte den Kopf. „Aber er hat mir besser gefallen, als ihr zusammen wart.“
Skye lehnte sich zurück und schaute den Mann an.
„Du weißt, dass es zu schnell zu kompliziert wurde.“
„Ach und mit dir und Kai war es das nicht?“, fragte er lachend.
„Das war anders.“ Sie konnte es gar nicht benennen, aber es war anders gewesen. Sie hatten als falsche Beziehung angefangen. Das war nicht kompliziert gewesen. Und dann war daraus mehr geworden. Das war auch nicht kompliziert gewesen. Es war nur zwischen ihr und Jiyong kompliziert geworden, als Jongin in dieses Dreieck kam, aber vielleicht tat sie Jiyong auch Unrecht. Mal abgesehen davon wollte sie gar nicht daran denken, wie kompliziert das mit ihr und Jongin werden würde, wenn er erst wüsste, dass sie Jiyong geheiratet hatte. Skye hatte viele Geheimnisse, doch vor diesem hatte sie am meisten Angst. Es war nicht so, als würde sie den anderen nicht vertrauen, sie wollte nur nicht als etwas behandelt werden, was sie nicht war. Viele Leute tendierten dazu sie anders zu behandelt und am Dienstag, wenn sie den Termin mit Jiyong und den Anwälten hatte, würde ein Geheimnis gelüftet werden. Skye freute sich ausnahmsweise darauf und sie würde mit Sicherheit einen Livestream haben, oder zumindest eine Kamera und von Jiyongs Gesichtsausdruck würde sie sich eine Fototapete drucken lassen.
„Eigentlich ist nichts Schlimmes passiert. Menschen lernen sich kennen und stellen fest, dass sie vielleicht nicht so gut zusammenpassen. Ich habe mir gewünscht, dass es funktioniert. Mit G-Dragon zusammen zu sein ist auch eine Kopfsache und mein Kopf kam damit nicht klar. G-Dragon ist G-Dragon, wenn er unter der Dusche steht, wenn er auf der Couch liegt. Ich war gestern mit Jongin in Myeongdong, in einem kleinen Restaurant, wo wir aus Rattanschüsseln mit Papier gegessen haben und ich habe daran gedacht, dass ich so etwas nie mit Jiyong hätte machen können.“
Seunghyun fing an zu lachen.
„Nein, wahrscheinlich nicht“, gab er zu und stellte sich seinen Freund vor, mit seinem besonderen Kleidergeschmack, wie er frittiertes Hühnchen aus einer Schüssel fischte.
„Jongin ist Kai wenn er im Studio steht und auf der Bühne, doch wenn wir Zuhause sind oder ausgehen, dann ist er einfach Jongin. Er ist frech und albern und er tut mir gut. Ich muss nicht First Class fliegen und ich brauche auch keine Limousinen, all dieser Schnickschnack, der einen doch nicht glücklich macht … und das will ich. Ich will glücklich sein.“
Glück war schwer zu greifen. Der teuerste Schmuck konnte einen nicht glücklich machen und dann sah man einen schönen Sonnenuntergang, ganz kostenfrei, und das Herz wurde von Freude erfüllt. Skye schaute gerne auf diese kleinen Dinge im Leben, denn wenn man die kleinen Dinge nicht zu schätzen wusste, dann machten einem die Großen auch nicht glücklich.
„Aber ich hätte zumindest erwartet, dass er mir mit Respekt begegnet. If he wanna play dirty, that’s fine with me.“
Nun zog der Musiker die Augenbrauen zusammen.
„Du meinst wegen Jennie?“ Skye nickte nur bevor ihr noch ein böser Kommentar über die Lippen huschte, dass sie später bereuen würde.
„Es ist nicht wie du denkst, Jiyong will nichts von ihr, aber sein Ego war etwas gebrochen und vielleicht hat er sich zu etwas hinreißen. Das ist keine Ausrede und ich weiß, dass es seinen Stand bei dir dadurch verschlechtert hat, aber im Grunde ist er kein schlechter Kerl und ich denke das weißt du auch.“
Natürlich wusste sie das! Doch sie hörte noch immer Mias Worte in ihren Ohren wiederhallen, dass manche zu kaputt waren, um sie zu retten und im Moment musste Skye sich erst einmal selbst retten, bevor sie die Kraft hatte jemand anderes aufzufangen.
„Und trotzdem bin ich keine Medusa.“ Guter Kerl hin oder her, er kam mit dem Ehevertrag an. Seunghyun seufzte.
„Da kannst du dich bei Youngbae bedanken“, gab er zu.
„Er hat es IHM erzählt?! Mit dir kann ich leben, aber mit ihm?!“ So viel zu dem Thema, dass sie nicht darüber sprachen. Mit niemanden. Ja, sie hatte es Mia gesagt, aber auch nur Mia. Er erzählte es so vielen Leuten, dass er auch direkt seinen Facebook-Status ändern könnte. Seunghyun zuckte nur mit den Schultern und hatte das Gefühl, dass alles, was er sagte es nur schlimmer machte.
„Danke“, sagte er nur grinsend. „Ich war gegen den Ehevertrag.“
„Danke!“, sagte nun auch Skye, die sich verstanden fühlte. Sie wollte einfach nur, dass der Dienstag rum war und alles Weitere würden dann ihre Anwälte regeln. Das Ganze lag gerade mal vier Wochen zurück. Wie die Ehe doch Beziehungen kaputt machte! Ja, gut, es war keine ernsthafte Ehe, aber Skye hatte das schon so oft gesehen. Ein Paar war jahrelang zusammen und dann dachten sie, sie müssten heiraten und puff, alles kaputt.
Skye fühlte sich auf dem Weg zurück in die Akademie total niedergeschlagen. Wieso war alles so komisch geworden? So kompliziert? Sie sah auch keinen Weg zurück. Es ist wie, wenn man gesagt bekam, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Man konnte es nie wieder vergessen, das Weltbild war zerstört. Für immer.
„Hey trauriges Fangirl“, hörte sie Taehyung sagen und ehe sie sich versah, hatte er sie in die Arme genommen. Skye erwiderte die Umarmung nicht, weil sie noch viel zu irritiert war. Immerhin hatte Tae ihr angesehen, dass etwas nicht stimmte und wollte sie trösten.
„Hey! Das ist meine Freundin!“
Skye luggte über Taehyungs Schulter und sah Kai, Chen und Sehun mit Wasserpistoln bewaffnet.
„Hm … da steht das SM-SWAT-Team hinter dir“, warnte Skye, aber auch nur weil sie Angst hatte selbst nass zu werden. Doch der Sänger ließ sich gar nicht beirren in seinem Fanservice und fing noch an sie hin und her zu wiegen.
„Taehyung beschützt ARMY“, sagte er ruhig. Skye hingegen sah wie ihre Schützlinge anfingen zu pumpen und konnte gerade noch in Deckung hinter Taehyung gehen, bevor die Sintflut losbrach. Der BTS Sänger hatte wahrscheinlich einfach nicht damit gerechnet, dass sie es wirklich durchziehen würden, aber Skye kannte EXO seit 3 Minuten und hatte nicht einmal gezweifelt, dass sie keine Skrupel hatten im Inneren mit Wasserpistolen zu schießen. Sie war nur froh, dass es keine Paintballs waren.
„Ich habe sie nur getröstet!“, beschwerte sich der Sänger, der es noch immer mit Humor nahm.
„Liebling, hast du ihn gebeten dich zu trösten?“, fragte Jongin.
„Nicht so … richtig.“
„Fühltest du dich danach besser?“
„Ein bisschen“, gab Skye zu und Taehyung schenkte ihr ein Grinsen.
„Du bist für heute noch verschont, aber beim nächsten Mal…“ Jongin pumpte noch einmal seine Wasserpistole, um seine Worte zu unterstreichen. Sie sahen dabei sehr ernst aus und Skye schaute skeptisch zwischen den Sängern hin und her.
„Ohhhhhkay …. Ich geh dann mal arbeiten“, meinte die Amerikanerin und schlich sich weiter. Jongin schaute Taehyung noch einen Moment künstlich böse an und lief ihr dann nach.
„Nein, erst hörst du dir mein Demo an.“
Er legte den Arm um sie und Skye lehnte sich automatisch an.
Skye hörte sich das Demo an und es gefiel ihr gut, doch noch war Jongin nicht wieder ganz fit und so scheuchte sie ihn nach Hause. Auch wenn er der Meinung war, dass es ihm schon wieder super ging. Aber einem selbst ging es ja immer super, weil man sich nicht eingestehen wollte, wenn man sich schonen musste und wenn am Wochenende keine Konzerte auf den Plan gestanden hätten, wäre es Skye auch egal gewesen.
Sie gingen noch gemeinsam einkaufen, denn Skye wollte heute Abend Pizza mit den Jungs machen. Es war praktisch ein Geschenk von Skye an die Sänger, denn sobald sie in Singapur waren, würde man sicher ganz genau darauf achten, was sie aßen. Immerhin würde es auch Salat geben. Wegen dem Gewissen.
Zuhause angekommen gingen sie ins Pit um die Sachen in im Kühlschrank zu verstauen. Niemand war Zuhause und so beschlossen sie sich zu Jongin ins Zimmer zu legen – allein schon wegen der Aussicht.
„Ich will nur noch einmal klarstellen, dass ich nicht müde bin“, kam es von Jongin, als er sich zu Skye ins Bett legte.
„Aber ich“, gab sie nach, bevor die Diskussion noch weitergeführt wurde. Sie lagen auf dem Bauch, mit den Köpfen unter ihren verschränkten Armen und schauten über die Stadt. Es hatte angefangen zu regnen und alles war grau in grau. Kein schöner Tag um draußen zu sein, dafür einer, der genau richtig war, um im Bett zu lungern.
„Ich freue mich auf Singapur, da ist es warm“, sagte sie irgendwann und schaute zur Seite. Da war Jongin schon am Schlafen. Sie schoss ein Bild von ihm und setze die Unterschrift ‚Ich bin nicht müde‘ ein und schickte es ihm dann, bevor sie selbst die Augen schloss.
Bis die beiden wieder wach waren, war es draußen dunkel geworden. Skye streckte sich und sah, dass Jongin noch am Schlafen war. Am liebsten hätte sie Herrn ‚Ich bin nicht müde‘ aus dem Bett geschupst, doch da hatte sie noch zu viel Mitleid.
Im Wohnzimmer war immer noch keiner. Sie hatte eine Nachricht rumgeschickt, in der sie alle gebeten hatte um 20 Uhr Zuhause zu sein um gemeinsam zu essen, doch es war gerade mal kurz nach 18 Uhr und so zog Skye los ins Super Junior Dorm.
Heechul, Kyuhyun und Eunhyuk waren Zuhause.
„Wieso grinst du so?“, fragte Heechul ohne aufzuschauen.
„Ihr kommt wirklich in die Jahre, hm?“
„Was?!“, kam es nun von allen drei.
„Na bei EXO ist nie jemand Zuhause und hier irgendwie immer …“
„Wir haben die Promotion für das Repack-Album abgeschlossen und wir sind in der Vorbereitung für die Super Show und nur zur Info: Ich hatte heute Morgen ein Radiointerview“, verteidigte sich Eunhyuk.
„Ich gehe heute Abend ins Studio“, kam es von Kyuhyun.
„Ich habe heute Abend ein Date“, bemerkte Heechul stolz.
„Ja, ja, schon gut.“ Skye machte sich einen Kaffee und setzte sich zu den Sängern an den Tisch.
„Du weißt gar nicht, was dir alles entgeht. Eigentlich solltest du bei der Super Show Vorbereitung bei uns sein“, bemerkte Eunhyuk.
„Ich habe ab der Super Show 3 alle gesehen, ich weiß wie gut eure Shows sind“, gab Skye zu. Viele hatten gute Shows. Sie mochte auch die Shows von 2PM und Big Bang, aber Super Junior waren da schon besonders – zumindest in ihren Augen. Skye war kein großer Freund von Massenveranstaltungen, doch in Korea waren die Konzerte noch recht geordnet und an einem Super Junior Konzert konnte sie nicht vorbei gehen, niemals.
„Ach, schau an, du stehst wohl auf Sänger, die in die Jahre kommen“, bemerkte Heechul neckisch.
„Ja, da sind die Shows nicht mehr so aufregend“, konterte Skye.
Sie erinnerte sich an die Alive-Tour von Big Bang, die sie in London besucht hatte. Bei ‚Fantastic Baby‘ war die Halle schon sehr am Ausrasten gewesen und die Amerikanerin hatte kaum daran gedacht, dass es noch lauter werden könnte. Und dann kam Taeyang und sang ‚Wedding Dress’ und zerriss sich das gut präparierte T-Shirt. Natürlich war es präpariert – hat einer von euch schon mal versucht ein Shirt zu zerreißen? So einfach ist das nämlich gar nicht und bei einem Kampf Taeyang vs. T-Shirt, wettete Skye auf das Shirt als Gewinner. Stripper schnitten sich auch die Shirts ein, um sie zerreißen zu können. Da ist nichts Verwerfliches dran. Wenn das als unmoralisch gelten würde, dürften Frauen sich auch nicht schminken. Jedenfalls bebte die Halle und Skye hatte sich damals schon nur gedacht ‚Hätte es nicht TOP sein können?‘. Sie war noch nie ein Fan von Taeyang gewesen. Sie fand ihn als Sänger nicht toll, er näselte ihr zu viel und Skye mochte Daesungs Stimme viel mehr. Und er sah nicht gut aus. Es gab Idols, die hatte man wegen ihrem Aussehen gecastet und versuchte das mit dem Singen zu kaschieren. Siwon war kein toller Sänger und doch war er für das Auge super. Skye war der festen Überzeugung, dass wenn Jiyong Youngbae nicht mitgeschleppt hätte, er nie gecastet worden wäre und wenn das nicht passiert hätte, hätte er niemals Stylisten bekommen und wäre in der koreanischen Masse total untergegangen. Er hatte kleine Augen und komische Augenbrauen. Aber viele Fans sahen plötzlich in Idols eine Schönheit, die vorher nicht da war. Als wäre ein ‚Glow‘-Filter permanent auf ihren Augen. Hey, es ist 2019, es gibt Google und Google ist erbarmungslos, wenn man nach ‚Name no make up‘ suchte. Skye hing hier jetzt schon seit über zwei Monaten rum und hatte alle ohne Photoshop und Make Up gesehen und Fakt war: Mit dem richtigen Stylisten konnte jeder auf einem Cover landen. Idols waren eben auch nur Menschen. Es gab Idols die man durchaus ohne Make Up erkannte, aber es gab Idols die könnten an einem vorbei gehen, nach dem Weg fragen und einen eine Minute lang anstarren und man würde sie immer noch nicht erkennen. Skye war froh, dass Jongin keine Smokey-Eyes hatte, wenn sie ausgingen. Das wäre ihr zu absurd. Auch Jiyong hatte sich zurückgehalten, auch wenn Skye der Meinung war, dass er Make Up getragen hatte. Was ihr aufgefallen war, waren die vielen Hautprobleme und sie fragte sich, ob es nicht ein Teufelskreis war und die Probleme nicht durch die ganzen Kosmetikprodukte hervorgerufen wurden, die man benutzte um seine schlechte Haut abzudecken.
Sie selbst gehörte zu diesen glücklichen Menschen, die noch nie einen Pickel hatten. Sie wüsste gar nicht was zu tun wäre. Daher hatte sie auch nie das Bedürfnis gehabt sich zu zu kleistern. Doch Skye verstand natürlich den Druck, der auf den Idols ruhte. Sie waren Vorbild und sollten perfekt erscheinen – innerlich und äußerlich.
Letztendlich hatte sie wohl gehofft, dass wenn Youngbaes Äußeres in ihren Augen nicht schön war, das er wenigstens eine coole Socke war, aber auch diese Hoffnung war spätestens heute zerstört worden.
„Skye …? Erde an Skye…“, hörte sie Eunhyuk. Auch so ein Kandidat der äußerlich nicht hübsch war, der aber zumindest einen tollen Charakter hatte.
„Huh?“
„Wo bist du mit deinen Gedanken?“, fragte der Rapper grinsend.
„Bei Taeyang“, erwiderte sie ohne darüber nachzudenken, was zu einer komischen Stille im Dorm führte.
„Nicht wie ihr denkt!“ Sie ahnte ihre Gedanken und verteidigte sich.
In diesem Moment ging die Tür auf und Jongin kam in das Dorm.
„Hier bist du! Ich habe schon überall nach dir gesucht!“
„Das ist verwunderlich – schließlich warst du ja hellwach“, erwiderte sie grinsend und Jongin fing an sie durch das Dorm zu jagen.