Es herrschte reges Treiben in dem Krankenhaus in Gangnam. Mia war dort, natürlich und auch Jongin. Darüber hinaus konnte keiner wirklich auf seinen vier Buchstaben sitzen bleiben. Heechul war noch da und Leeteuk, Baekhyun und Chen. Alle anderen hatte Mia nach Hause geschickt. Sie brauchte nicht mehr Aufmerksamkeit, als sie ohnehin schon auf sich zogen.
Erstaunlicherweise war Skye nichts passiert. Die Polizei hatte wohl schon das Videomaterial vorliegen und suchte nun nach den beiden Tätern.
„Wir müssen Frau Jones noch wegen der schweren Körperverletzung befragen“, hatte der eine Polizist zu einer Krankenschwester gesagt.
„Schwere Körperverletzung? Wollen Sie mich verarschen?! Wer einen Menschen von einer Brücke wirft, will ihn nicht verletzen, der will ihn umbringen!“, hatte Heechul sich eingemischt und wenn er es nicht getan hätte, hätte Mia das übernommen.
Zwei Autofahrer, die gerade an der Stelle vorbei gefahren waren, hatten es gesehen und auch wie die Täter weggelaufen waren. Oft findet man Leute im Hangang nicht. Wenn man Pech hatte wurde man nie gefunden, oder erst Wochen später, je nach Strömung. Viele Selbstmörder sprangen von den Hangang Brücken, in der Regel starben sie nicht an dem Aufschlag, sondern ertranken. Die Autofahrer hatten sofort die Polizei alarmiert. Skyes Glück war es wohl, dass sie nicht sehr weit weg war vom Ufer und dass sie nicht bewusstlos war. Sie hatte sich ihre Jacke ausgezogen und hatte begonnen zum Ufer zu schwimmen, bevor die Polizei sie einsammelte.
Außer ein paar blauen Flecken und einer Unterkühlung hatte Skye tatsächlich nichts. Es grenzte an ein Wunder. Man hatte ihr dennoch Beruhigungsmittel gegeben und machte verschiedene Untersuchungen.
Man hatte die Truppe in ein Patientenzimmer gebracht, um zu warten, dass Skye aufwachte, damit nicht jeder mitbekam, dass die Idol-Elite hier rumsaß.
Mia war gerade auf dem Weg in die Cafeteria, in Hoffnung etwas Essbares zu finden. Es war kurz vor 3 Uhr morgens und alle hatten Hunger. Im Zweifel würde sie etwas bestellen, in Korea war das um diese Uhrzeit kein Problem. Sie stockte kurz, als sie Jiyong sah.
„Hey babe…“ Sie nahm ihn in den Arm und es war genau das, was er brauchte.
„Wie geht es ihr?“
„Soweit ganz gut. Sie haben sie leicht sediert und sie machen noch ein paar Tests.“
Jiyong lief nervös auf und ab. Er machte sich keine richtigen Vorwürfe, denn zu sagen, dass sie nur auf der Brücke war, weil sie sich in der Nähe getroffen hatten, war ziemlich weit hergeholt. Trotzdem machte er sich Sorgen.
„Sag mal, wusstest du, dass sie reich ist?“, fragte er Mia, wenn sie gerade einen Moment hatten.
„Ja“, erwiderte die Deutsche.
„Willst du mich verarschen? Woher wusstest du das?“
„Ich habe sie gegoogelt“, verteidigte sie sich.
„Das habe ich eben auch versucht, aber unter ‚Skye Jones‘ finde ich keine Milliardärin!“
„Ihr voller Name ist Laila Skye Jones. Skye benutzt sie nur, damit niemand mitbekommt wer sie ist, aber als sie mir damals ihre Karte gegeben hatte, stand ihr voller Name drauf.“
Jiyong fühlte sich als hätte er ein Brett vor dem Kopf. Sonst wusste er alles und das war so völlig an ihm vorbei gegangen.
„Laila?“
„Sag mal hast du vielleicht mal auf deine Heiratsurkunde geschaut?!“, fuhr Mia ihn an und zugegeben, hatte er nicht so wirklich.
Etwas später versuchte Mia Jiyong er erklären, dass es besser war, wenn er ginge. Er schaute sie enttäuscht und verletzt an.
„Du weißt ich habe Recht. Zum einen glaube ich nicht, dass Skye dich im Moment sehen will und Jongin müsste ich das auch erklären …“
Ja, er wusste, dass sie Recht hatte, er mochte es nur nicht.
Erstaunlicherweise war es Baekhyun, der Skye nicht von der Seite wisch. Jongin war nach Hause gefahren, um ihr Klamotten zu holen. Die Ärzte haben gesagt, dass sie sie heute hierbehalten wollten, aber dass sie, wenn alles gut ging, morgen nach Hause könnte.
Baekhyun hingegen weigerte sich auch nur auf die Toilette zu gehen. Er blieb bei Skye, bis sie aufwachte.
Skye brummte der Schädel und sie fühlte sich benommen. Bae saß neben ihr und schaute sie besorgt an.
„What happened?“ das koreanische Sprachprogramm musste erst noch hochgefahren werden.
„An was erinnerst du dich?“, fragte er zurück und Skye fing an nachzudenken. Sie erinnerte sich an gestern Abend, an Jiyong und die Anwälte und dann? Sie dachte weiter nach. Sie hatte zu Noah gewollte, aber sie hatte das Gefühl dort nie angekommen zu sein. In diesem Moment kam eine Krankenschwester in das Zimmer und Skye begriff langsam wo sie war. Toll. Sie und Krankenhäuser.
„Hallo, wie fühlen wir uns denn?“, fragte die junge Frau und checkte die Infusionen, die in Skyes Hand reinliegen. Doppel-Toll. Nadeln in der Hand.
„Super“, erwiderte die Amerikanerin und versuchte sich aufzusetzen. Das löste einen stechenden Kopfschmerz aus und die Krankenschwester schaute sie tadelnd an.
„Sie müssen sich ausruhen, die haben einen ganz schönen Sturz hinter sich.“
Sturz? Skye fing wieder an nachzudenken. Stimmt, sie war auf der Brücke gewesen und dann hatte sie nichts mehr gesehen. Sie hatte jemand von der Brücke geschmissen!
„Ich war im Hangang?“, fragte sie Baekhyun unsicher, weil sie nicht wusste was ihre eigenen Erinnerungen waren und was von dem Gemisch in den Infusionen ausgelöst worden war.
„Ja, sie sagen du hast deine Jacke ausgezogen, was schlau war, weil du sonst wohl untergegangen wärst und du hast versucht ans Ufer zu schwimmen.“
„Beeindruckend“, gab Skye selbst zu und Baekhyun grinste. Wenn sie falsch auf dem Wasser aufgekommen wäre, wäre sie bewusstlos gewesen und wäre wahrscheinlich wirklich unter gegangen.
Kurz darauf kam Mia mit Frühstück. Richtigem Frühstück, nicht dieses Krankenhauszeug. Sie schielte zur Uhr, die an der Wand hing. 08:46. Wo war all die Zeit hin? Ständig brummte ihr Handy, doch Mia versuchte es zu ignorieren – bis Skye es nicht mehr ignorieren konnte.
„Was ist denn los?“
Mia rollte mit den Augen.
„Die Hölle ist aufgebrochen.“ Damit konnte Skye erst einmal nicht viel anfangen.
„Heute Morgen, gegen 4 Uhr, haben sie die beiden Frauen gefasst, die dich von der Brücke geworfen haben. Sie sind wohl EXO Fans und waren eifersüchtig auf dich“, begann Mia.
„Das Krankenhaus wird von Reportern belagert und die Idol-Welt ist völlig auf dem Kriegsfuß. #IamHuman trendet weltweit.“
Skye wollte nach ihrem Telefon greifen, aber warte, das war im Auto und der Schlüssel zu ihrem Auto lag auf dem Grund des Hangangs. Yay. Mia erkannte, was Skye wollte und zückte ihr Handy.
„Wo hast du das denn her?“
„Siwon ist heute Nacht noch mit deinem Zweitschlüssel losgezogen und hat dein Auto zurück nach Hause gebracht.“
Die Amerikanerin war berührt.
„Mia, schaff mich hier raus.“
„Skye …“
„Mir geht es gut. Zuhause kann ich mich auch ausruhen und du sagst selbst, dass das Krankenhaus belagert wird…“
Da hatte sie einen guten Punkt. Mia wollte nicht, dass das ganze eskalierte. Ach, seien wir ehrlich, es war schon eskaliert. Idols bekannten sich zu ihren Partnern mit #IamHuman und viele sprachen sich energisch gegen die Tat aus. Revolutionsanführer war Heechul. Kim hatte versucht ihm das Passwort zu ändern, doch er war zu spät gewesen.
Die Polizei wollte mit Skye sprechen, doch wirklich viel konnte sie nicht sagen. Eigentlich wussten sie ja, was geschehen war, dank CCTV. Sie fragten Skye, ob die Frauen etwas zu ihr gesagt hatten, doch das verneinte Skye und es war auch so schnell gegangen, dass sie noch nicht einmal jetzt ihre Gedanken richtig ordnen konnte.
Nachdem die Polizisten weg waren, machte Skye tatsächlich Twitter auf und wurde überschüttet von Nachrichten.
Schrecklich wer sich Fans nennt. Wir lieben unsere Fans, doch alles hat seine Grenzen. Wie kann man versuchen jemanden zu töten, nur weil sie mit jemand zusammen ist? Skye & Kai sind ein wundervolles Paar und jeder, der das nicht respektiert ist kein Fan. Ich hoffe, dass die Täter für lange Zeit ins Gefängnis kommen. Wir sind Menschen, wir lieben, wir weinen, wir streiten, wir vertragen uns. Nur weil wir Idols sind, sind wir keine Roboter #IamHuman
Heechul hatte damit angefangen und viele waren ihm gefolgt. Seungri hatte sogar öffentlich gepostet mit Lisa zusammen zu sein. Ha! Hat es doch noch etwas Gutes gehabt!
Die Tür öffnete sich erneut und Jongin streckte den Kopf durch.
„Hey babe“, sagte Skye grinsend und er eilte auf sie zu. Er nahm ihr Gesicht in seine Hände.
„Ich hatte so Angst um dich!“
„Mir geht es gut“, erwiderte sie ruhig.
„Ich bringe diese Weiber eigenhändig um, wenn ich sie in die Finger bekomme!“
„Mir geht es gut“, beteuerte sie erneut.
Endlich setzte er sich auf das Bett.
„Okay, du hast die Wette gewonnen.“ Skye fing an zu lachen.
„Ich habe es dir doch gesagt!“ Von wegen alles lief perfekt. Perfekt hielt nie lange.
„Sag mal, wer hat den Vodka geschickt?“, fragte Skye und deutete auf die hübsch eingepackte Vodka Flasche, an der immerhin ein paar Ballons hingen.
„Na wer wohl? Noah“, erwiderte Jongin und Skye schüttelte den Kopf.
„Ich habe ihn wirklich gerne.“
Skye aus dem Krankenhaus zu schaffen war eine größere Herausforderung. Zum einen hätten die Ärzte Skye gerne noch über Nacht zu Beobachtung dagelassen. Andererseits waren sie bereits um 12 Uhr völlig genervt von dem ständigen Wechsel an Besuchern. Diese Besucher waren Großteiles Idols und hatten eigenes Sicherheitspersonal dabei. Lisa kam und Seunghyun, Taehyung, Jimin und Jungkook, Changmin, Eunhyuk, Leeteuk, Heechul, aber auch Irene und Wendy und Yoona mit Taeyeon. Es war ein Kommen und Gehen. Dazu kam die ganze Presse, die das Krankenhaus belagerte.
Schließlich stimmten die Ärzte zu, doch Skye musste unterschreiben, dass sie auf eigene Gefahr das Krankenhaus verließ. Auf eigene Gefahr. Das hatte seit gestern Abend ein ganz neues Ausmaß genommen!
Mia und zwei Sicherheitsleute versuchten Skye und Jongin an den Reportern vorbei zu schieben, die am Eingang eine Traube gebildet hatten, doch dann blieb Skye stehen. Skye war schön, dass war schwer auszulöschen, doch man sah ihr die Strapazen an.
„Okay, was wollen Sie wissen?“, fragte sie einen Reporter. Dieser hatte damit nicht gerechnet und schreckte regelrecht auf.
„Wie fühlen Sie sich?“, fragte er Reporter neben dran.
„Wie ich mich fühle? Hat jemand schon einmal versucht Sie umzubringen?“ Skye sprach ganz ruhig und er senkte den Blick, schüttelte leicht den Kopf.
„Ich habe aus Instinkt überlebt. Ich bin Sportler und ich habe einen guten Instinkt und der Hangang war sehr ruhig gestern Nacht. Ansonsten würde ich hier nicht stehen und könnte nicht mit ihnen reden. Ich wäre tot. Und wieso? Weil ich mit einem Mann zusammen bin, der aus Zufall Sänger ist. Wäre er es nicht, hätte ich mich genauso in ihn verliebt, nur das dann niemand versucht hätte mich umzubringen. Ich bin Amerikanerin. Ich verstehe dieses zwanghafte Verhalten mancher Fans nicht, aber ich denke, dass es keine Rechtfertigung für dieses Tat gibt. So viele Idols haben Angst vor ihren Fans, dass sie ihre Beziehungen, ja sogar Ehen, verheimlichen. Doch wer gibt manchen Leuten das Recht Idols ein Stück wahres Leben zu verwehren? Wer gibt ihnen das Recht einzubrechen, zu bedrohen, zu stalken? Das sind keine Kavaliersdelikte. Und jemanden versuchen zu töten erst recht nicht. Über diese Dinge wird nicht gesprochen, weil es sich nicht schickt. Es schickt sich nicht über Alkoholismus zu sprechen. Es schickt sich nicht über Homosexualität zu sprechen. Es schickt sich nicht über Selbstmord zu sprechen. Doch all diese Dinge geschehen, hier in Korea, in diesen Moment und nur weil man über gewisse Dinge nicht spricht, verhindert man sie dadurch nicht. Wenn wir als Gesellschaft für unsere Ideale einstehen wollen, dann müssen wir auch über die unbequemen Dinge sprechen. Die Schublade, in der wir diese Themen gesteckt haben, ist so voll, dass sie sich nicht mehr schließen lässt. Stalking, nur weil es ein Idol ist, sollte nicht heruntergespielt werden. Die Justiz muss Paradebeispiele setzen, um die angeblichen Fans in ihre Schranken zu weisen und damit so etwas nicht noch einmal passiert, ansonsten wächst eine Gesellschaft heran, auf die Korea nicht mehr stolz sein kann.“
Die Reporter waren über die Ansprache so baff, dass keiner mehr auf die Idee kam weitere Fragen zu stellen. Sie standen da, mit offenen Mündern und schauten Skye nach, wie sie mit Mia und Jongin in einem Van verschwanden.
Die Tür schloss sich hinter ihnen und keiner sagte ein Wort.
„Du musstest auch wirklich jedes Tabu raushauen, ja?“, sagte Mia, grinste aber dabei.
„Ich weiß nicht, ich war gerade so gut in Fahrt …“
Jongin schüttelte lachend den Kopf.
„Du bist der Wahnsinn.“ Er zog sie zu sich.
„Youngjun wird mich töten.“
„Lee Sooman wird dich töten“, erwiderte Mia.
„Aber nicht gleich, das wäre zu auffällig. Er wartet, bis keiner mehr daran denkt und dann wird er es wie einen Unfall aussehen lassen.“
„Yay?“
Auf ihrem Weg mussten sie an einer roten Ampel neben einer Kirche halten. Skye schaute argwöhnisch zu dem Kreuz und dachte sich ‚Na, lässt du jetzt die Drecksarbeit von anderen machen?‘. Seit dem Massensterben ihrer Familie stand sie mit Gott auf dem Kriegsfuß. Sie hatte gebetet, bis ihre Knie blau waren, sie war mit der Bibel im Arm eingeschlafen, sie hätte sogar eine Jungfrau geopfert, doch Gott hatte sie nicht gehört und das Geschwätz von ‚Die Wege des Herren sind unergründlich‘ und ‚Die Prüfungen des Herren lasten am schwersten auf den Schultern des einzelnen’ konnten sich die Pfarrer sonst wo hin stecken.
Bei der Beerdigung ihrer Tante, hatte man sie nach vorne geholt, um ein paar Worte zu sagen. Sie drehte sich zu dem Altar um und hatte gesagt ‚Gott – du bist gefeuert!‘. Sollte sie das schwarze Schaf ihrer Familie sein – sie war so ziemlich die letzte die übrig war.
Aber ernsthaft, wie konnte man von einem Gott Hilfe erwarten, der die Menschheit schon zigmal versucht hat auszulöschen? Der noch nicht mal seinem eigenen Sohn geholfen hatte – hey, selbst wenn man ein Arschlochkind war, so sollte man doch seinen Eltern vertrauen können. Und so ein Arschloch konnte Jesus gar nicht gewesen sein. Der Motherfucker hat Wasser in Wein verwandelt! Da gab es nur zwei Wörter für: Party up!
„Oh wow, es gibt einen neuen Hashtag. I love it“, kam es von Mia kurz vor der Zufahrt zur Fabrik.
„#Skye4President.“
Skye und Jongin tauschten einen Blick aus und fingen an zu lachen.
„Ich finde den super“, kam es von Jongin.
„Dafür, dass man gestern versucht hat zu dich umzubringen, ist du aber in recht guter Laune!“, beschwerte sich die Deutsche, doch das Paar lachte nur weiter.
Es hatte sich schnell im Haus herumgesprochen, dass Skye da war und vor ihrem Apartment hatte sich regelrecht eine Schlange gebildet. Mias Plan war es gewesen, dass Skye sich ausruhte und so ließ sie immer nur einen in die Wohnung.
Nach dem dritten Besucher schaute Skye skeptisch zur Tür.
„Wie viele stehen da noch?“
„Einige.“
„Come on, let them in.“
„Bist du sicher?“ Mia schaute fragend zu Skye, doch sie nickte nur und plötzlich war aus dem Krankenbesuch eine Hausparty geworden. Irgendwer hatte Pizza bestellt und Leeteuks Mama hatte Kuchen mitgebracht.
Sie nahm die junge Frau in die Arme und wischte sich eine Träne weg.
„Mama, nicht weinen.“
„Nicht auszudenken … was müssen das für furchtbare Menschen sein müssen…“
„Es ist vorbei“, zumindest hoffte Skye das.
Und dann kam der Moment, in dem Skye von ihren Gefühlen eingeholt wurde und sie fing an zu weinen.
„Ok people, party’s over, got outta here“, scheuchte Mia die restlichen Gäste raus.
„Give her some space, come on, im Keller ist eine Bar, da könnt ihr weiter machen.“
Jongin hatte Skye auf dem Schoß und wiegte sie leicht. Hilflos schaute er zu Mia.
„Das wird schon“, sagte Mia und tätschelte Skyes Haare und ließ die beiden alleine.
Nachdem sich die Party in den Keller verlegt hatte, hatte sich das Paar ins Bett gelegt. Skye wusste nicht so recht, ob sie überhaupt schlafen konnte, doch kaum lag sie in Jongins Armen, schlief sie auch schon ein.
Bis sie wieder wach war, war es draußen dunkel geworden. Jongin lag nicht mehr neben ihr, doch sie fand ihn beim Aufräumen.
„Geht es dir etwas besser?“, fragte er sie und Skye streckte sich.
„Ein wenig.“ Es war noch immer nicht ganz zu ihr durchgesickert, was tatsächlich passiert war, wahrscheinlich würde das auch ein paar Tage dauern. Und für den Fall, dass sie es vergaß, musste sie nur ins Internet gehen oder den Fernseher an machen. Die News waren voll von dem Mordversuch. Inzwischen hatte man sogar Bilder von den beiden Frauen veröffentlicht.
In Amerika und Europa regte man sich über Überwachung auf. Über Kameras und Internetkontrollen. Skye sagte sich immer, dass wenn jemand nichts zu verbergen hatte, war die Überwachung auf der Seite dieser Leute. Klar, wenn man mit Drogen dealter waren Kameras an jeder Ecke kontraproduktiv, aber wenn das was Skye gestern widerfahren war, in Europa oder Amerika passiert wäre, wären die Chancen ziemlich gut, dass niemand jemals die Täter gefunden hätte. Fahrerflucht funktionierte in Korea auch nicht, da wirklich an jeder Ecke eine Kamera hing. Zumindest in den Großstädten. In Songdo ging es sogar ein Schritt weiter. Dort gab es überall Bildschirme, die über alles Mögliche informierten, die aber auch angepasst werden konnten auf aktuelle Verkehrsinformationen oder wenn ein Kind vermisst wurde, konnte man das Bild auf die Bildschirme senden.
Überwachung hatte gute und schlechte Seite und wie mit allem anderen, hing es immer davon ab, wer es in der Hand hatte. Wenn man davon ausging, dass es nur um die Sicherheit der Bürger ging, war es Skye egal überwacht zu werden. Ihr war auch egal, dass Amazon wusste, was ihre Lieblingsbücher waren oder welche Filme sie gerne schaute. Um ehrlich zu sein fand sie personalisierte Werbung sehr viel unnervender als wahllose Werbung. Sie hatte nichts zu verbergen und konnte nur profitieren. Wie gestern Nacht. Korea war eines der sichersten Länder der Welt, nicht nur wegen der Erziehung, sondern auch wegen der Überwachung.
Skye war ein Freigeist. Sie ließ sich nicht einschüchtern. Sie war schon auf Jamaika gewesen und auf Kuba, beides als Backpacker und es waren eine ihrer lustigen Urlaube überhaupt gewesen. Sie ließ sich nicht von Pseudo-Warnungen einschränken. Es kam auch immer darauf an, wie man den Menschen begegnete. Sie war eine Frau und reiste alleine um die ganze Welt und es gab ganz wenige Momente in ihrem Leben, in denen sie sich unsicher gefühlt hatte. Meistens in Europa, um ehrlich zu sein. Bei Nacht in Deutschland, Frankreich, der Schweiz oder Österreich war nicht immer prickelnd, zumindest nicht in den Großstädten. Während sie nachts quer durch Hurghada lief oder durch Sharm el Sheikh und alles war in Ordnung. Da machte man der westlichen Welt immer so eine Angst vor arabischen Ländern und dabei sollte es genau umgekehrt sein.
„Mia hat übrigens gesagt, dass es okay wäre, wenn du ein paar Tage dich ausklingst, wenn du irgendwo hinwillst“, erzählte Jongin beim Abendessen. Sie hatten sich Gourmet Burger bestellt. Skye liebte sie.
„Okay … kannst du mit?“
„Ja, sie hat auch vorgeschlagen, dass wir zusammen mal abschalten. Youngjun meinte nur, dass wir zur Tour in Osaka wieder da sein müssen.“
Die war nächste Woche Freitag, das war okay.
„Würdest du denn mitwollen?“ Ob er konnte war eine Sache, aber vielleicht hatte er ja gar keine Lust und wollte lieber hierbleiben. Jongin verzog das Gesicht.
„Na ja … wenn es denn sein muss…“
Skye bewarf ihn mit Pommes und er lachte.
„Natürlich komme ich mit! Keine Chens die sich in unser Bett mogeln, kein Super Junior Frühstückskommando, kein Taehyung, der dir komische Nachrichten schickt. Ich muss dich mit ziemlich viele Leuten teilen.“
„Keine Sorge, du bist mein Liebling.“
„Beruhigend“, entgegnete er trocken.
Die Amerikanerin hatte zumindest eine Aufgabe gefunden. Sie waren doch noch mal runter in die Bar ohne Namen gegangen. Skye konnte nicht nachvollziehen, wer noch immer hier unten saß und wer schon wieder.
Inzwischen schmiedeten die Sänger Pläne, wie sie sich – auf halbwegs legale Weise – an den Sasaeng Fans Rache nehmen könnten. Mit dem steigenden Alkoholpegel wurden die Ideen auch immer einfallsreicher.
„Wir könnten nur noch Masken tragen, wenn wir rausgehen. Dann könnten sie spekulieren, mit wem sie es zu tun haben“, schlug Jungkook vor.
„Das ist doch öde. Nein, wir brauchen bunte Spraydosen und immer, wenn sie uns zu nahe kommen, sprühen wir sie voll und sie werden öffentlich gepeinigt“, forderte Heechul.
„Oder wir lassen sie Selfies mit uns schießen, klauen ihnen dabei das Handy, rufen ihre Mütter an und fragen sie, was sie da für Biester großgezogen haben“, mischte sich Jongin in die Diskussionen ein.
„Deine Freundin ist manchmal auch ein Biest“, bemerkte Baekhyun.
„Ja, aber ein süßes – und du musst dich gar nicht beschweren, wer hat denn letzte Nacht wie eine Glucke an ihrem Bett gesessen?“
Da schaute Skye dann doch mal auf und Bae strafte Jongin mit einem finsteren Blick.