Honey stand vor dem Spiegel. Dort schaute ihr eine Frau entgegen, die sie von irgendwoher kannte, die ihr doch zugleich fremd war. Sie trug ein Kleid, mehr Tüll als Stoff. Sie mochte eher Stoff, doch Tyler gefiel es. Tyler. Ihr Ehemann. Nicht im Traum hatte sie vor vier Monaten daran gedacht heute hier zu stehen, eingekleidet in Tüll.
Sie war auf die Philippinen gekommen und hatte sich ein ‚Work and Travel‘-Visum geholt.
Die ersten Wochen hatte Honey in einem Hostel gearbeitet. Sie hatten ein Sprachkaffee und Honey sprach Koreanisch, Japanisch und Englisch. Damit sie sich mit Leuten unterhielt, bekam sie ein Bett in einem Zimmer mit drei weiteren Angestellten, drei Mahlzeiten und etwas Taschengeld. Für Unterhalten? Hey, wie einfach konnte eine Frau noch Geld verdienen?
In der zweiten Woche kam Tyler zum ersten Mal in das Kaffee. Freunde von ihm aus Amerika wohnten in dem Hostel. Er war Soldat und bereits seit drei Jahren in der Nähe in einer Kaserne stationiert. Er kam fast jeden Tag, wenn es sein Arbeitsplan zuließ und bald fragte er sie, ob sie mit ihm ausgehen würde. Wieso nicht? Er sah gut aus, war normal – was nicht immer unbedingt in ihr Beuteschema passte – und brachte sie zum Lachen.
Vier Wochen später waren sie zusammengezogen. Honey verstand nicht so viel vom US Militär, nur dass sie verdammt gut bezahlt wurden. Tyler war 29, er war bereits seit 11 Jahren in der Armee und hatte sich gut hochgearbeitet. Er machte irgendwas mit Sprengungen, planen, entschärfen, sie hatte keine Ahnung. Er hatte ein Häuschen angemietet, außerhalb der Kaserne in einer Gegend, in der viele Soldaten mit ihren Familien wohnten.
Schnell fand sie einen Job in einem Blumenladen und wurde in die Gesellschaft der Soldatenfrauen integriert. Kuchen bei Nancy, Barbecue bei Rachel, Shopping mit den Mädels, Kekse backen für die amerikanische Schule. Es glich ein wenig einer Sekte, aber da wo Honey herkam, war es nicht besser gewesen, also ließ sie sich treiben.
Vor drei Wochen dann fragte Tyler sie, ob sie ihn heiraten wollte. Bei Amerikanern musste immer alles schnell gehen. Schnell verlieben, schnell heiraten, schnell scheiden lassen. In ein paar Monaten sollte er zurück in die Staaten versetzt werden und er wollte Honey mitnehmen. Nach Alabama. Weitläufige Felder, hier und da eine Housing Area. Honey vermisste Seoul, doch noch nicht so sehr, dass sie die Aussicht auf Ruhe aufgeben würde.
Was ihre Eltern wohl denken würden? Ihre Familie und Freunde? Im Moment kümmerte sie das nicht.
„Honey?“ Kristin, Tylers Mutter, streckte den Kopf durch die Tür.
„Are you ready?“
„In just a minute.“
Sie schaute sich noch einmal im Spiegel an und strich über das Kleid. Keine Chance, dass es enger anliegen würde. Sie war aufgeplustert wie Pfingstrose.
Eine Limousine stand bereit und fuhr sie zu der kleinen Kirche, die sie gemietet hatten. Es waren nicht viele Leute geladen. Tylers Eltern aus Amerika waren eingeflogen gekommen und ansonsten hatten sie ein paar Freunde aus der Nachbarschaft eingeladen und ein paar Soldaten aus Tylers Einheit.
Da niemand aus Honeys Familie da war, führte Paul, Tylers Vater, sie zum Altar. Die Tür öffnete sich und vor sich sah sie den Mann, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würde. So ein Quatsch, welche Ehe hielt schon für immer? Doch Honey wollte nicht schon jetzt pessimistisch sein.
Er strahlte über das ganze Gesicht, als wäre Honey das Beste, was ihm je passiert war. Es war ein gutes Gefühl, warm und geboren.
Der Pfarrer begann mit der Zeremonie, sprach über die Pflichten der Ehe und die neuen Erfahrungen, die man zusammen teilen würde. Tat Honey wirklich das Richtige oder lief sie nur vor dem weg, was sie nicht ändern konnte? Jetzt war sicherlich ein äußerst ungünstiger Zeitpunkt, um Zweifel zu bekommen.
In diesem Moment flog die Tür auf und zwei Gestalten standen umgeben von Licht, wie Engel. Honey kniff die Augen zusammen, um die Gesichter zu erkennen, doch es war einfach zu hell. Dann ging eine Person weiter, aus dem Licht und Honey erkannte, wer es war. Jongin. Er ging weiter, bis zur Mitte der kleinen Kirche.
„Kim Hanjin, du kommst jetzt gefälligst nach Hause!“
Honey, Jongin und Skye waren in den Hinterraum der Kirche gegangen.
„Spinnst du?! Ich heirate gerade!“, fuhr Honey ihren Cousin an.
„Nein, du rennst davon. Aber hier einfach neu anzufangen, ist keine Lösung.“
„Natürlich ist es eine Lösung. Ich fühle mich wohl hier, ich liebe Tyler!“
„Natürlich – deswegen hast du auch niemanden eingeladen. Deine Eltern sind krank um Sorge, wir sind krank um Sorge! Und Siwon …“
In diesen Moment kam Tyler in den Raum, sichtlich aufgerüttelt durch die ganze Situation.
„What us going on and who the hell is this freak?“
Er kannte Jiyong nicht, dagegen sah Jongin noch normal aus. Zugegeben, mit seinen ausgeblichenen blauen Haaren, gegen die sie heute noch etwas tun mussten, sobald sie in Seoul gelandet waren, sah er etwas komisch aus. Die gelbe Hose mit dem bunten Hawaiihemd konnte auch durchaus irritierend wirken. In Korea nannte man das Airport-Fashion.
„That’s my cousin, Jongin“, erklärte Honey und höflich, wie Jongin war, lächelte er den Amerikaner freundlich an.
„Dude, I’m sorry. She’s amazing but you are part of a denial she can’t handle yet. It was very dramatic and understandable that she left her home and her family, but this is as far as it goes. So we will gonna take her home so she can find a better solution.“
Es war Skye die gesprochen hatte, von Amerikaner zu Amerikaner, doch Tyler schaute sie nur fragend an. Die anderen beiden waren Koreaner, das ergab einen Sinn, doch wie passte die blonde Amerikanerin in das Bild?
„And who is she?“, fragte Tyler Honey.
„Honestly? I have no idea“, gab Honey zu.
„Oh sorry, I’m his girlfriend, Skye“, stellte sich Skye lächelnd vor.
„Draußen steht ein Auto, komm nach Hause oder lebe eine Lüge – deine Entscheidung“, sagte Jongin an seine Cousine gewandt.
Honey hatte Kopfschmerzen.
„What is this about? You told me you had no family.“
„Yeah well … I kinda lied about that“, gab sie zu.
Das Schlimmste war, dass Honey wusste, dass Jongin Recht hatte. Sie konnte nicht allem den Rücken kehren und so tun, als wäre nie etwas geschehen. Sie liebte ihre Familie, ihre Freunde und sie hatte es auch geliebt ein Idol zu sein. Oder zumindest fast ein Idol. Früher oder später würde die Vergangenheit sie einholen und es wäre unfair Tyler in etwas rein zu ziehen, dass er sich nicht ausgesucht hatte.
„I’m sorry Tyler, I have to go.“
Honey hätte gerne einen eleganteren Abgang gemacht, doch in einem Brautkleid und in Highheeks war das nicht immer möglich. Vor der Kirche stand nun die Limousine, die sie und Tyler in die Flitterwochen hätte bringen sollen und ein schwarzer Van, vor dem Mia stand.
„Mia!“ Die Braut rannte in Mias Armes und drückte sie an sich.
„Komm Schatz, wir gehen nach Hause.“
Der Van, der anfangs groß genug gewirkt hatte, sah sich an Anbetracht des Ausmaßes von Tüll an seine Grenzen gebracht. Jongin saß neben dem Fahrer, während sich die drei Frauen hinten reingesetzt hatten.
„Ich muss nach Hause meine Sachen holen“, sagte Honey, die immer noch verzweifelt versuchte den Sicherheitsgurt anzulegen.
„Schon erledigt – meinst du wir waren tatenlos?“, fragte Mia grinsend und deutete auf zwei Koffer im Kofferraum.
Die eigentliche Überraschung kam, als sie in das Flugzeug einstiegen. Honey schaute skeptisch zu der Boeing.
„Sie gehört einem Freund von mir“, erklärte Skye. Wirklich zum Staunen brachte Honey jedoch das Empfangskomitee, dass sie erwartete.
„Seid ihr alle gekommen, um mich zu holen?“, fragte sie ungläubig, als sie jeden begrüßt hatte.
„Nein, eigentlich ist Skye abgehauen und wir sind ihr nachgereist – du lagst auf unserem Rückweg“, erklärte Chen.
„Wer hat mich gefunden?“
„Jiyong“, antwortete Mia und Honey schüttelte den Kopf.
„Dieser Hund!“ Da waren sich Honey und Skye schon mal einig.
„Okay, hat jemand normale Klamotte für mich?“, fragte sie und schaute an sich hinab.
„Oh, natürlich.“
Mia, Skye und Honey verschwanden im Schlafzimmer und befreiten die Koreanerin aus dem Brautkleid.
„Wow, du bist wirklich hübsch“, stellte Honey fest, als sie Skye gegenübersaß. Skye hingegen dachte, dass Honey super schön war, eine der schönsten Koreanerinnen, die sie überhaupt gesehen hatte. Und sie war mit Siwon zusammen gewesen. Die beiden hätten die hübschesten Kinder zur Welt gebracht, die es jemals gegeben hätte. Doch eine Frage konnte Skye nie ganz abschütteln.
„Wieso habt ihr mir nie von Honey erzählt?“
Mia suchte nach Worten. Inzwischen saßen sie bei den anderen.
„Nun, bis vor drei Sekunden wussten wir auch vieles über dich nicht“, erwiderte Baekhyun. Er klang nicht gehässig und Skye musste zugeben, dass er nicht ganz Unrecht hatte – nicht das sie das zugeben würde. Honey hingegen wollte alles über Skye wissen und bis zur Landung in Seoul hatten sie alle viel Gesprächsstoff.
Die Gruppe fuhr in die Fabrik, wo sie bei Super Junior in Empfang genommen wurden. Alle stürzten sich auf Honey, drückten sie und stellten ihr Tausend Fragen. Skye stand am Rand und beobachtete. Nein, sie war nicht eifersüchtig. Sie war hier gerade mal drei Monate und Honey war seit Jahren Teil der Familie.
Leise schlich sie sich davon und ging in ihr Apartment. Sie wollte ohnehin duschen … oder baden, egal. Nach langen Flügen fühlten sich ihre Haare komisch an. Heute Abend um 21 Uhr hatte sie einen Termin mit Jongin beim Friseur, damit man sie für das Fotoshooting morgen auffrischen konnte. Der Zwischenstopp in Manila hatte sie einiges an Zeit gekostet. Es war bereits Nachmittag und Skye hatte Hunger. Sie hätte im Loft bleiben können, doch irgendwie fühlte sie sich fehl am Platz. Sie starrte an die Mosaikbesetzte Decke ihres Bades, als sie die Tür hörte.
„Jagiya?“, hörte sie Jongin.
Sie hatte die Tür nicht geschlossen und er entdeckte sie nach einem Moment.
„Wieso hast du dich weggeschlichen?“ Er ging neben der Wanne in die Hocke.
„Ich bin nicht geschlichen … ich habe gewunken … es hat nur keiner geschaut.“ Sie sank etwas tiefer in die Wanne, doch er grinste.
„Keine Sorge, sie haben dich auch vermisst. Honey war nur länger weg gewesen.“
Skye wollte erwidern, dass sie fast gestorben wäre, aber es war kindisch einen Wettbewerb daraus zu machen. Er zog sie etwas zu sich, schließlich war sie ja nass, und küsste sie.
„Siehst du, es gibt Tausend Dinge, die ich mit Honey nicht tun würde.“
„Ach ja?“
„Ja.“ Er erkannte Skyes Grinsen nicht richtig und ehe er sich versah, hatte sie ihn zu sich in die Wanne gezogen. Zuerst versuchte er sich zu wehren, doch als er begriff, dass es jetzt ohnehin zu spät war, unterwarf er sich seinem Schicksal.
Wenig später hörten die beiden jedoch wieder die Tür. Es gab zwei Menschen, die Skyes Code hatten, das waren Jongin und Mia. Und Jongin war bei ihr.
„Skyeeeee!“, hörte sie Mia rufen, diese stocke jedoch, als sie reinkam und die beiden in der Wanne sah. Allerdings war es dann schon zu spät und Eunhyuk hatte sich an Mia vorbei geschoben.
„Oh mein Gott!“ Eilig drehte sich der Rapper weg und Mia versuchte den Rest der Meute aufzuhalten. Jongin, inzwischen auch nackt, weil mit nassen Klamotten in einer Wanne zu liegen, machte auch nicht wirklich Sinn. Er sprang auf und schloss die Tür zum Badezimmer.
Für die ungeladenen Gäste war das Problem damit gelöst und als das Paar aus dem Bad kam, war die kleine Wohnung gefüllt mit Menschen. Super Junior, EXO, BTS und sogar Changmin war gekommen. Nur einer war nicht da: Siwon. Skye hatte keine Ahnung woher die ganzen Getränke kamen, aber so gut, wie Mia organisiert war, stellten Essen und Getränke wohl das kleinste Problem dar.
„Skye, wo warst du auf einmal?“, fragte Leeteuk und bedeutete ihr sich zu ihm zu setzen.
„Wir wollen alles wissen über deine Insel“, kam es von Eunhyuk.
„Ist es wirklich deine Insel?“
„Ist dort wirklich ein Schatz vergraben?“
„Und gibt es Meerjungfrauen?“
„Nimmst du uns das nächste Mal mit?“
Von Honey war weit und breit keine Spur und Skye gab sich dem sprudelnden Wissensdurst ihrer Freunde hin. Natürlich war die Katze jetzt aus dem Sack. Jeder wusste nun, dass sie vermögend war, doch eigentlich interessierte es niemand.
Der Van holte Jongin und Skye um kurz vor 20 Uhr ab – nicht, dass das ihre Besucher gestört hätte. Chicos, mi casa es vuestra casa.
Sie fuhren in ein Studio nach Gangnam, wo auch eine Stylistin vom W-Magazin auf sie wartete.
„Kai, Skye, es freut mich sehr euch kennenzulernen“, sagte sie und bedeutete den beiden sich hinzusetzen. Syke hatte mit solchen Dingen keine Erfahrung und war froh, dass Jongin an ihrer Seite war. Gemeinsam besprachen sie das Konzept. W wollte sie als Feenpaar darstellen, in einem Feenwald und an einem See. Eigentlich wollten sie ein etwas provokanteres Konzept, doch durch den Vorfall mit Skye hatte sich das Team noch einmal zusammengesetzt und sie wollten das alles sanft wirkte, magisch. Der Amerikanerin war es im Endeffekt egal, sie wollte es nur durchziehen, wollte allen zeigen, dass sie sich nicht unterkriegen ließ.
„Wir werden einige Bilder in Schwarzweiß machen, aber auch einige in Farbe. Kai, deine Haare sind noch fast blau, wir würden das gerne auffrischen und Skye, dir würden wir gerne ein Balayage machen in Cotton Candy.“
Skye schaute zu Jongin, der lächelnd nickte und das reichte schon, um alle aufzuscheuchen. Eine Haarstylistin nahm sich Jongin an und bat Skye kurz zu warten und dass man ihr noch einen Kaffee bestellt hatte. Als die Fahrstuhltür aufging und sie Jaejoong mit einem Tablet sah, dachte Skye man hätte ihr etwas untergemischt.
„Hi, was machst du hier?“ Skye stand auf und verbeugte sich, doch Jaejoong winkte nur ab.
„Das Kaffee unten gehört mir, ich war gerade da um die neuen Merchandise-Artikel anzuschauen, als ich gehört habe, dass du und Kai hier seid.“
Skye hatte nicht auf das Kaffee geachtet, wenn sie ehrlich war.
„Wie geht es dir denn nach …“ Er schaute sie besorgt an.
„Ganz okay … ich glaube die anderen machen sich mehr Sorgen, als ich“, gab sie zu und nahm einen Schluck Kaffee.
„Was macht ihr hier?“, fragte der Sänger und schaute sich nach Kai um.
„Wir haben morgen ein Fotoshooting zusammen und man will uns hübsch machen.“
Er lachte fröhlich.
„Meinst du wirklich das ist eine gute Idee?“
„Ich denke schon, ich denke es ist wichtig, dass wir zeigen, dass wir keine Angst vor den Fans haben.“
Jaejoong nickte, doch etwas an seinem Blick stimmte nicht.
„Das hast du nicht gemeint“, stellte sie fest.
„Ich glaube nur, dass ihr nicht lange zusammen sein werdet.“
Diese Offenheit überraschte die Amerikanerin nun doch.
„Du bist ein furchtbarer Koreaner!“, schimpfte sie, halb ernst gemeint und lachte.
„Entschuldige, ich sage oft was ich denke.“
„Wie kommst du darauf?“ Das wollte sie nun schon wissen.
„Ich weiß nicht. Du warst mit Jiyong zusammen und ich wusste, dass es nicht halten würde, nicht nur wegen der geplanten Beziehung mit Jongin.“ Es überraschte Skye noch nicht einmal, dass er davon wusste.
„Jiyong hat einen komplexen Charakter, er strahlt eine gewisse Autorität aus und gibt sich nach außen hin lebensfroh, doch wenn nur die Hälfte der Sachen wahr sind, die man sich über dich erzählt, dann hast du deine eigenen Päckchen zu tragen. Du brauchst niemanden, der dich in die Dunkelheit reißt, wie ein Bleigurt.“
Sie fand die Metapher interessant und fragte sich ob Jaejoong wusste, dass sie tauchte.
„Kai hingegen ist das genaue Gegenteil. Er ist ein Prince Charming. Er sieht gut aus, ist witzig und fröhlich, aber ich denke, dass es oft Situationen geben wird, in denen er deine Gedanken oder Taten nicht nachvollziehen kann.“
Skye wusste nicht wie gut Jaejoong Jongin kannte. Vielleicht hatte er Recht, aber man musste einen anderen auch nicht immer verstehen können.
„I think you give him less credit than he deserves“, erwiderte Skye und meinte das nicht abwehrend. Nur weil jemand mit ihrer Beziehung nicht einverstanden war, musste sie deswegen keinen Aufstand machen.
„Maybe I do, maybe not … die Zeit wird zeigen wohin dein Weg dich führt.“
Er hatte Mia damals begleitet und was sie mit Donghae hatte, war Magie gewesen. Er konnte es gar nicht anders benennen. Eine Zeit lang hatte er geglaubt dagegen ankommen zu können, bis er aufgegeben hatte. Jeder hatte es gespürt, dass die beiden zusammengehörten und er war noch nicht einmal sauer gewesen. Manche Dinge waren einfach dazu bestimmt zu passieren. Doch diese Magie spürte er nicht bei Skye und Kai. Es war nicht schlimm. Nicht jede Beziehung musste in einer Prophezeiung stehen und endgültig sein. Sollten sie zusammen sein und Spaß haben und wenn es an der Zeit war sich anderweitig umzusehen, dann würden sie es merken.
Jaejoong stand auf.
„Tue mir nur einen Gefallen“, sagte er im Gehen. „Verstecke dich niemals hinter einem Mann, dafür bist du zu groß.“
Dann war er weg. Skye würde diese Erinnerung im Ordner ‚Begegnungen der 3. Art‘ speichern.
Jongin und Skye schossen fröhlich Selfies mit ihren neuen Haarfarben. Sie sahen aus wie Oberon und Titania aus Shakespears Sommernachtstraum. Skye dachte noch an Jaejoongs Worte. Sie vermochte die Zukunft nicht zu sehen, doch im Hier und Jetzt fühlte sie sich wohl mit Jongin an ihrer Seite.
Zurück in der Fabrik war etwas Hektik ausgebrochen. Honey hatte ihre Eltern besucht, doch wollte sie dort nicht wohnen. Also war sie erst einmal im EXO Pit gelandet.
„Du kannst mein Zimmer haben, ich schlafen ohnehin bei Skye“, bot Jongin an.
„Ach und wir werden nicht gefragt?“, kam es von Baekhyun.
„Es ist temporär, sie ist meine Cousine, ihr kennt sie.“
„Eine Frau im Haushalt zu haben ist schon eine Veränderung“, bemerkte Chanyeol, der sich nicht ganz wohl bei dem Gedanken fühlte.
„Wieso? Könnt ihr dann nicht mehr nackt durch die Gegend laufen, rülpsen und furzten – macht nur, ich muss auch irgendwie mein Geld verdienen, ein Live Stream würde mich stinkreich machen.“
Skye fand Honey amüsant. Das mit der koreanischen Zurückhaltung war ihr nicht in die Wiege gelegt worden.
„Was ist denn mit dem Red Velvet Dorm?“, schlug Sehun vor.
„Nein, die Mädels ziehen die Tage ein“, erwiderte Suho.
„An für sich ist es kein Problem. Wir sollten nur ein paar Regeln festlegen“, sagte der Bandleader weiter, um die Wogen etwas zu glätten.
„Keine Partys“, kam es von D.O.
„Keinen Männerbesuch“, fügte Chen hinzu.
„Kein nackt durch’s Dorm laufen.“
„Jungs, Jungs, Jungs, noch mal: Das ist meine Cousine. Sie hat ein traumatisches Erlebnis hinter sich. Wir sollten ihr als Familie begegnen und ihr nicht das Gefühl vermitteln hier nicht willkommen zu sein.“
Honey rollte die Augen und wand sich ab.
„Haben sie dir schon Therapie aufgeschwätzt?“, fragte sie an Skye gewandt. Die Amerikanerin lachte fröhlich.
„Den passenden Therapeuten der mich wieder hinkriegt muss erst noch gebacken werden.“
„Nehme dich in Acht, sie werden es versuchen, mit einer Ansprache, dass sie nur dein Bestes wollen und wann immer sie es brauchen, werden sie es dir vorwerfen. SME sind Wölfe und wir die Schafe.“
Ja, Skye mochte sie, auch wenn sie so hübsch war, dass Skye sie dafür hassen wollte.
Skye ging schon mal vor, bis Jongin das geklärt hatte. Sie bog um die Ecke und sah eine Gestalt vor ihrer Tür stehen. Nur für einen Moment stockte sie in Angst. Ihr klarer Menschenverstand wies sie darauf hin, dass niemand hier reinkam – jetzt erst recht nicht. Die Person drehte sich um, nicht weil Skye Geräusche gemacht hatte. Viele verfluchten sie, weil sie lautlos lief.
„Oppa!“ Es war Seunghyun und Skye lief ihm fröhlich entgegen, bis er sie in die Arme nahm.
„Geht es dir denn gut?“ Er hielt sie an den Schultern und begutachtete sie.
„Ja, soweit – wieso warst du nicht mit auf Fiji?“
„Keine Ahnung, die anderen sind so überstürzt weg – wahrscheinlich waren sie froh für jeden der mitdurfte und wollten keinen Platz an mich abgeben.“
Ja, das wäre eine Erklärung.
Skye öffnete die Tür zur Wohnung, schaute aber skeptisch den Flur runter.
„Er sitzt im Auto“, sagte Seunghyun nur und wusste genau, nach wem sie da Ausschau hielt. Skye rollte mit den Augen und nahm ihr Handy in die Hand.
„Hallo?“
„Komm rein, es ist kalt und du bist albern.“
Kurzes Schweigen, dann fing Jiyong an zu lachen.
„Zumindest weiß ich jetzt, dass sie nicht viel kaputt gemacht haben.“
Kurz darauf klopfte es an der Tür und sie ließ den Bandleader hinein. Unsicher standen sie sich gegenüber. Umarmen oder nicht? Jiyong beschloss, dass eine Umarmung angemessen war und drückte sie an sich.
„Ich hätte dich umgebracht, wenn du gestorben wärst“, flüsterte er. Ja, ihr letztes Treffen war nicht besonders gut gelaufen und trotzdem hatten sie einmal etwas füreinander empfunden, empfanden es teilweise noch immer und das musste man respektieren.
Seunghyun lobte das Apartment, um die Stille zu übertünchen, bis der Kaffee fertig war. Kaffee um die Uhrzeit war eigentlich eine ganz schlechte Idee, doch seit wann war Skyes Schlafverhalten schon normal.
„Und was hast du jetzt vor?“, fragte Seunghyun.
„Wie meinst du das?“
„Na bezüglich deiner Sicherheit? Bekommst du Begleitschutz? Einen Selbstverteidigungskurs? Einen Elektroschocker?“
„Keine Ahnung, aber ich bin nicht bereit für ein paar Spinner meine Freiheit aufzugeben.“
Beide Männer seufzten.
„Skye, wir werden so oft von Sicherheitsleuten begleitet, man gewöhnt sich daran“, sagte Jiyong sanft.
„Ja, genauso wie man sich daran gewöhnen würde kein Hühnchen zu essen, wenn eine Pest ausbricht. Man gewöhnt sich auch daran mit einer Prothese zu laufen, wenn man sein Bein verliert. Weder haben wir eine Hühnerpest, noch habe ich ein Bein verloren.“
„Nein, aber fast dein Leben. Du hattest nur Glück, dass du ein guter Schwimmer bist, dass du nicht bewusstlos geworden bist und dass es nicht mehr so extrem kalt war“, zählte Seunghyun auf und Skye schaute ihn finster an.
„Verspreche mir wenigstens, dass du einen Selbstverteidigungskurs machst“, bat sie Jiyong.
„Keine Angst um deine eigene Sicherheit?“, fragte sie grinsend.
„Unsere Scheidungspapiere sind durch, vorher hätte ich da mehr Angst vor dir gehabt“, erwiderte er, ebenfalls grinsend.