Das Paar stand bis nach 2 Uhr morgens im Studio – bis Suho kam und sie nach Hause zerrte. In dieser Nacht schliefen sie bei Jongin, weil Skye sie Aussicht aus seinem Schlafzimmer vermisste und ja, okay, sie vermisste auch EXO ein wenig. Chen, Chanyeol und Sehun schauten gerade One Piece, als Suho mit Skye und Jongin in den Pit kam. Der Bandleader ersparte sich ein Kommentar, sie alle waren alt genug, um zu wissen, wann sie schlafen gehen sollten. Jongin wollte noch duschen und Skye setzte sich zu den dreien.
„Oh wow“, sagte sie nur. „Ich glaube ich hänge etwas hinterher.“
„Wieso? Wo bist du?“
„Uhm … Punk Hazard…“
„Bitte was?!“
„Hey, don’t judge, ich bin mit dem Tod von Ace nicht so gut klargekommen.“
Chens Mund öffnete sich, doch er entschied sich dagegen und schloss ihn wieder. Sie hatte so viel durchgemacht und schien halbwegs normal zu sein und dann machte ihr der Tod von Ace zu schaffen? Nein, er stellte es nicht in Frage.
Skye schaute nur halbherzig zu. Sie wollte nicht zu viel erfahren, denn eines Tages würde sie aufholen. Vielleicht sogar morgen! Zeit hatte sie ja jetzt.
„Noona“, begann Sehun und Skye schaute von ihrem Handy auf.
„Lässt du uns wirklich alleine?“
„Keine Ahnung. Ich will, dass man mich ernst nimmt und das man auf mich hört, wenn ich etwas sage und wenn ich sage, mir geht es gut, dann geht es mir gut. Und mir geht es gut, wenn ich mit euch zusammen bin…“ Sie schluchzte kurz und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Skye war hart im Nehmen, sie sagte was sie wollte und sie stand für ihre Meinung ein, aber trotzdem war es irgendwann genug und heute war ein Tag, der auf jeden Fall genug war.
Die Sänger nahmen sie sofort in den Arm und wuschelten ihr durch die Haare.
„Wir haben dich auch gern“, sagte Chen aufmunternd. Es ging Skye nicht darum nicht mehr für EXO zu arbeiten, aber sie wollte arbeiten und wenn SME sie nicht ließ, dann musste sie eben tun was zu tun ist.
Am Ende schliefen Chen, Chanyeol und Sehun in Jongins Zimmer in Schlafsäcken. Jongin schielte argwöhnisch über den Rand.
„So habe ich mir das nicht vorgestellt“, flüsterte er Skye zu.
„Sei nicht so egoistisch“, murmelte Chanyeol und Skye war nur am Grinsen.
„Darfst du hier überhaupt noch rein?“, fragte Baekhyun am Frühstückstisch.
„Sie ist meine Freundin, sie darf immer hier rein“, erwiderte Jongin und kam Skye zuvor. Ihre Antwort wäre in Form eines fliegenden Eies gewesen, doch sie war zu langsam beim Laden.
„Sollen wir mit Youngjun reden?“, bot D.O an.
„Nein, ich will euch da nicht reinziehen und macht keinen Blödsinn in Hong Kong – nicht so wie in Osaka. Sie denken nur, ich habe einen schlechten Einfluss auf euch“, sagte die Amerikanerin und rührte in ihrer heißen Schokolade mit Marshmallows.
„So ein wenig schlechten Einfluss hast du auf uns, aber ich finde das gut“, bemerkte Chen grinsend. Er hatte ein Talent etwas Böses hübsch zu verpacken. Ryeowook konnte das auch gut.
Einer nach dem anderen verließ das Haus und Skye blieb zurück. Es war ein doofes Gefühl. Schließlich ging sie zum SuJu Dorm und klopfte an der Tür. Nicht dass sie den Code nicht hätte, aber sie war sich nicht sicher, ob sie erwünscht war. Leeteuk öffnete die Tür und Skye sah, wie seine linke Augenbraue nur etwas nach oben rutschte.
„Schau an was ich vor unserer Tür gefunden habe.“ Er ging zur Seite um ihr Platz zu machen und Skye ging an ihm vorbei. Bis auf Donghae und Siwon, die erst Morgen aus Japan wiederkommen würden, saßen alle an dem Tisch.
„Ist irgendetwas passiert?“
„Nein, wir planen nur eine kleine Überraschung für Mia“, sagte Heechul so unschuldig, dass es nicht stimmen konnte.
„Na Frauchen, alle Arbeiten bereits fertig“, kam es von Kyuhyun, der an ihr vorbeilief. Skye rannte ihm nach und sprang ihm auf den Rücken, um ihn zu würgen – nur zum Spaß. Dabei hatte er eine Tasse in der Hand. Dort blieb sie auch, nur der Inhalt nicht.
„Bist du wahnsinnig?!“
„Nenn mich nicht Frauchen!“
Von seinen Bandkollegen konnte er jedenfalls keine Hilfe erwarten, die amüsierten sich köstlich und nahmen das Ganze noch auf Video auf.
„Du hast dich von einem Zwerg besiegen lassen“, meinte Eunhyuk, als er sich das Video noch einmal anschaute.
„Nichts gegen uns kleine Leute“, drohte Ryeowook und zwinkerte Skye zu.
„Und? Wie läuft so dein erster Tag in Freiheit?“, erkundigte sich Heechul.
„Ach, ich werde später etwas bummeln gehen und dann gehe ich etwas essen und die Kamera ist ja immer dabei und dann habe ich Training bei Nikolai.“
„Ach? Was für ein Training?“, wollte Heechul wissen.
„Das Training heißt ‚Lautloser Tod‘“, erwiderte sie cool und die anderen fingen an zu lachen.
Schließlich machte sich die Amerikanerin auf dem Weg – per U-Bahn. Sie wollte rund um die Konkuk Universität etwas shoppen und schlendern und mit dem Auto würde sie keinen Parkplatz finden. Also nahm sie die Bahn und stieg bei der Konkuk Station aus, um die Straße dann etwas hoch zu gehen zum Common Ground. Common Ground war eine kleine Shopping Mall (im Gegensatz zu den riesigen Malls, die es in Seoul gab), die aus Containern gefertigt worden war. Es gab einige Restaurants und Cafés und viele kleine Geschäfte, die in einer Indoor-Markthalle waren. Man fand Klamotten, Taschen, Handyzubehör, Dekoartikel, Kosmetik und vieles mehr. Es waren viele kleine Shops und Skye schlenderte die Flure entlang. Sie fand viele Kleinigkeiten für Zuhause, aber auch ein paar Klamotten und zwei Handtaschen und ein paar Handyhüllen und irgendwann verfluchte sie sich dafür nicht doch mit dem Auto gekommen zu sein. Sie war beladen mit Taschen und irgendwo klingelte ihr Handy.
„Skye?“
Sie suchte noch nach dem Handy, als ein Mann sie ansprach. Sie schaute auf und sah Taeyong. Er hatte einen Mundschutz und die Kapuze seines Pullis tief ins Gesicht gezogen, doch seine Stimme und die Augen verrieten ihn.
„Was tust du hier?“, fragten sie einander gleichzeitig.
„Ich wohne hier“, erwiderte Taeyong. Stimmt, NCT war in das alte SuJu Dorm gezogen und das war keine viertel Stunde von hier zu Fuß.
„Ich bin arbeitslos“, erwiderte sie und verloren ein paar Einkaufstüten. Taeyong beugte sich und nahm sie ihr ab.
„Frustshoppen?“
„Zweckshoppen“, verteidigte sie sich. Sie war seit drei Monaten in Korea und ihr Zeitplan hatte es kaum zugelassen, dass sie mal rauskam. Sie hatte nachzuholen.
„Hast du Lust etwas zu essen?“, fragte er sie. Skye zuckte mit den Schultern. Shoppen war anstrengend.
In den oberen Etagen des Common Ground lagen die Restaurants. Tae schien sich ganz gut hier auszukennen und steuerte ein Restaurant an, von dem er sagte, dass Essen sei super. Die beiden nahmen sich einen Tisch im hinteren Teil.
„Hat dich noch niemand angerufen?“, erkundigte sich der Sänger, nachdem er ihre Bestellung aufgegeben hatte.
„Bisher nicht.“ Es ging Skye auch nicht darum, dass Youngjun ihr jetzt hinterherrannte.
„Willst du, dass sie sich melden?“
„Um ehrlich zu sein, keine Ahnung. Es macht mir Spaß mit EXO zu arbeiten und ich verstehe auch, dass in Korea manche Dinge anders laufen, aber ich will nicht immer über meine Schulter gucken müssen. Ich will das sie darauf vertrauen, dass ich das Richtige mache.“
Taeyong nickte nachdenklich.
„Gebe ihnen Zeit sich an dich zu gewöhnen. Ich bin überzeugt davon, dass du wieder EXOs Assistentin wirst … wenn du Mia überlebst – wann kommt sie wieder?“
In zwei Sätzen aufgebaut und direkt wieder zerstört. Skye nannte das Talent.
„Morgen.“
„Dann zahle ich dein Essen, wie eine … Henkersmahlzeit.“
Skye lachte fröhlich.
„Vielen Dank, es ist sehr aufbauend mit dir zu reden.“
Nach dem Essen bot er an Skye nach Hause zu fahren und das war eine tolle Idee, denn so konnte sie gleich in den Lotte Mart, der im Keller von Star City, dem Gebäudekomplex in dem auch NCT jetzt wohnten, war. Zuerst brachten sie ihre Einkäufe in sein Auto und dann gingen sie weiter shoppen.
„Was hast du vor? Gab es irgendeine Meldung, dass wir Vorräte kaufen sollen?“, fragte Taeyong, als der Einkaufswagen immer voller und voller wurde.
„Ich will heute Abend für EXO kochen und na ja … sie sind halt viele Kerle…“
Sie wollte Lasagne und Panna Cotta mit Himbeersoße machen und brauchte dazu auch erst einmal Formen, in der richtigen Größe. Eigentlich hätte sie gerne Tiramisu gemacht, doch das konnte man nicht am gleichen Tag essen, das musste ziehen. Dafür fand sie kleine Gläschen für das Panna Cotta.
„Das ist nett.“
„Nett ist die kleine Schwester vom Arschloch, ich bin … aufmerksam und fürsorglich.“
Tae schaute sie an und fing herzlich an zu lachen.
„Die kleine Schwester vom Arschloch?!“
„Das sagt man so!“
Natürlich ließ er sie die ganzen Sachen nicht alleine hoch schleppen. Wobei sie so viel gekauft hatte, dass sie zweimal gehen mussten. Es gab tatsächlich einen Lastenfahrstuhl, doch Skye empfand es als albern ein paar Einkäufe mit dem Lastenfahrstuhl zu befördern.
„Wow, coole Wohnung.“
Taeyong stellte die letzten Tüten ab und schaute sich um.
„Willst du eine Limonade?“, bot sie an und dazu sagte er nicht nein. Sie hatte gestern Holuderlimonade gemacht – Dinge die man eben so machte, wenn man plötzlich Zeit hatte. Skye mochte es Limonade selbst zu machen. Es war gesund und erfrischen und sie servierte die Limonade mit einem Minzblatt aus eigener Zucht in einem Weinglas mit Eiswürfeln. Taeyong schaute schmunzelnd auf das Glas.
„Etwas dekadent bist du schon.“
„Willst du einen Pappbecher haben?“
„Auf gar keinen Fall.“
Und irgendwie ergab es sich, dass er blieb, um zu helfen. Skye wusste nicht viel über Taeyong und NCT, doch in der Küche stellte er sich gar nicht mal so schlecht an. Sie machten die Lasagne fertig und stellten die vier Schüsseln in den Kühlschrank. Skye hatte keine Ahnung ob es reichte. Normalerweise benutzte sie diese Größe für drei Personen, also sollte sie mit vier davon gut fahren.
„Was ich dich schon immer mal fragen wollte“, begann sie und versteckte ein Grinsen.
„Dieses Geräusch am Ende ‚Baby don’t like it‘ … war das Absicht oder Zufall der koreanischen Unschuld?“
Zuerst stockte der Rapper, dann lachte er.
„Tja, das wird wohl für immer unser Geheimnis bleiben.“
„Na aber ehrlich, wenn ‚das‘ passiert when you come around, dann verstehe ich wieso baby doesn’t like it!“
Sie waren beide m Lachen, als Jongin die Tür reinkam.
„Und da dachte ich schon du vermisst mich, sitzt hier alleine und trauerst EXO nach!“
Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und gab ihm einen Kuss.
„Sorry babe … ich war erst etwas shoppen-“
„Frustshoppen“, bemerkte Taeyong.
„Zweckshoppen“, korrigierte Skye, „als ich in Tae reingelaufen bin. Er ist gut im Taschen tragen und keine Naturkatastrophe in der Küche“, berichtete sie weiter.
Jongin schaute sich um und roch. Der Geruch der Bolognesesoße hing noch in der Luft.
„Was riecht hier so gut?“
„Ich habe Essen vorbereitet.“
„Beste Freundin aller Zeiten!“
„Für euch alle“, fügte sie hinzu und sie sah die Enttäuschung in seinem Gesicht.
„Schlechteste Freundin aller Zeiten.“
„Ich weiß das meinst du nicht so.“
„Doch“, erwiderte er trotzig.
Hochmotiviert fuhr Skye heute in die Kampfschule. Diesen Quatsch mit der Brücke versuchte sie erst gar nicht mehr. Sie freute sich darauf etwas zu schlagen. All diese aufgestaute Aggression, die sie seit gestern hatte, musste ja irgendwann raus.
Nikolai hatte noch einen Kurs vorher und Skye lief sich ein und ging dann auf das Reck. Skye liebte das Reck und den Stufenbarren. Man wirbelte durch die Luft und alles ergab einen Sinn, alles ging ineinander über. Man durfte nur nicht stocken oder sich vergreifen, dann endete es mit blauen Flecken. Wie sie das Turnen liebte. Vielleicht könnte sie in die Halle auf dem Fabrikgelände einen Stufenbarren aufstellen. Sie durfte es nur nicht übertreiben. Es hatte damals so lange gedauert, bis sie ihre Schulter wieder voll nutzen konnte, nie wieder wollte sie so etwas erleben.
„Ich glaube heute muss ich mich vor dir in Acht nehmen“, hörte sie Nikolai sagen, als er in die Halle kam. Skye ließ sich nicht groß ablenken und kam mit einem Salto auf den Boden zurück.
„Davon kannst du ausgehen!“ Heute würde sie sich nicht so fertig machen lassen!
Eine halbe Stunde später lag Skye ächzend auf dem Boden.
„Parlé!“, rief sie erschöpft.
„Der Piratenkodex bringt dich hier nicht weiter“, sagte Nikolai und reichte ihr die Hand, die Skye skeptisch beäugte.
„Ist das ein Trick?“
Er lachte kurz und schüttelte den Kopf.
„Ich bin vielleicht fies, aber nicht so fies.“
Nikolai erklärte ihr, dass eine vermeidliche Schwäche eine Stärke sein konnte. Sie war klein und nicht besonders stark, aber mit der richtigen Technik könnte sie selbst diesen russischen Vin Diesel mit Haaren zu Fall bringen. Skye glaubte da noch nicht dran. Vielleicht sollte sie sich wieder ihrem Harley Quinn Selbst zuwenden und sich einen Baseballschläger holen.
Immerhin zeigte er ihr, wie sie jemanden fies verletzen konnte.
„Du bist eine Frau, du sollst dich verteidigen können. Es geht nicht darum einen Ehrenkampf zu gewinnen. Ziele auf Ohren, Augen, Hals und zwischen die Beine.“
Er machte ihr langsam Bewegungen vor. Schließlich ging es um Selbstverteidigung. Wenn Kyuhyun sie noch einmal ‚Frauchen‘ nannte, wusste sie, an wem sie das testen würde.
Zwei Stunden später war Skye ziemlich fertig, aber ihr blieb keine Zeit zum Ausruhen. Es war 19:30 und für 21 Uhr hatte sie EXO zu sich bestellt. Sie ging schnell duschen und machte sich dann auf den Weg zurück in die Fabrik.
Skye war einfach zu faul gewesen die ganzen Sachen ins Pit zu tragen, doch Jongin schien nicht sehr begeistert.
„Was ist mit diesem Gesicht?“, fragte die Amerikanerin.
„Aber die schlafen hier nicht alle?“
Ah, da drückte der Schuh. Skye umarmte ihn von hinten und lehnte ihren Kopf an seine Schulter.
„Natürlich nicht.“
Er hatte sich wohl auch etwas daran gewöhnt, dass sie ständig zusammen waren. Skye hingegen vermisste die ganze Band und füllte ihre Freizeit nicht nur mit Jongin. Sonst hatte sie die anderen ja auch den ganzen Tag am Hals gehabt und war abends froh nur mit Jongin zusammen zu sein.
Nach und nach kamen die Bandmitglieder und Skye stellte die ersten zwei Lasagnen in den Ofen. Sie hatte mit vorgekochten Nudeln gearbeitet, bei harten Nudeln müssten die Lasagnen zu lange ziehen. Chen machte in der Zwischenzeit den Salat fertig und Suho hatte Bier mitgebracht.
Es war ein fröhlicher Abend und die Männer freuten sich über das Essen. Sie waren sich aber auch einig, dass sie niemanden davon erzählen durften. Eines Tages würde Youngjun sie in einen Keller sperren, bis sie wieder auf Idealgewicht waren. Also praktisch tot.
Chanyeol und Sehun machten gemeinsam den Abwasch und Skye schlich sich an Jongin, der auf der Couch saß.
„Lust auf noch einen Nachtisch?“
Der Sänger sprang sofort auf.
„Okay, alles raus hier. Los! Los!“ Er schob D.O zur Tür und die anderen schienen auch verwirrt.
„Wir machen nur schnell den Abwasch fertig“, meinte Chen, doch Jongin drehte ihm den Hahn ab.
„Schon okay, wir machen das, raus jetzt, gute Nacht, bis Morgen!“