Skye war vor Mitternacht in ihrer Wohnung und wollte die Zeit nutzen sich auf diesen Ball vorzubereiten. Noah hatte ihr eine Songliste geschickt. Sie kannte zwar alle Lieder davon, doch nicht alle in- und auswendig. Kaum hatte sie angefangen, standen Chen und Suho vor der Tür.
„Hi, wir haben gesehen, dass das Training schon fertig ist“, meinte Suho und ließ sich selbst rein. Jongin war schon wieder drauf und dran etwas zu sagen, doch Skye stoppte ihn.
„Nein, nein, schon okay, sie können mir helfen.“ Schließlich waren sie beide tolle Sänger und Skye hatte keine Ahnung, was sie auf dem Ball erwartete.
Mitunter würde sie ‚Don’t speak‘ von No Doubt singen, nur auf eine etwas geänderte Melodie, die Noah ihr mitgeschickt hatte. Es war ein Mix zwischen Koreanisch und Englisch und die drei Sänger waren eine harte Jury.
„Du singst das toll, aber ich denke du musst das rockige etwas rausholen“, bemängelte Chen bei, ‚Don’t speak‘ und Skye versuchte es so lange, bis die drei Sänger es als gut fanden.
„Ich verstehe dich, ich meine, wieso du keine Sängerin sein willst oder musst … aber eigentlich ist es eine Sünde dein Talent zu verstecken“, kam es von Chen gegen 1 Uhr morgens. Sie hatten eine Flasche Wein aufgemacht, zwar sang Skye noch, aber eigentlich war es eher ein fröhliches Zusammensein.
„Wir sollten sie zur Rookie-Versteigerung anmelden“, schlug Suho vor.
„Zur was?“ Zu spät überlegte Skye, ob sie wirklich wissen wollte, um was es sich da handelte.
„Jedes Jahr werden Rookies für einen guten Zweck versteigert“, erklärte Chen. Sie brauchten schon gar nicht mehr sagen, wer das wohl ins Leben gerufen hat, dass konnte Skye sich selbst beantworten.
„Die großen Entertainments machen mit, die meisten sind wirklich Rookies, doch sie werden nicht nur zum Singen versteigert. Manche zum Renovieren oder zur Gartenpflege, aber dich sollten wir definitiv als Sänger versteigern“, kam es von Jongin.
„Wann ist das?“, wollte Skye wissen.
„Am 20. April.“
„Da bin ich krank.“
Die drei Sänger lachten fröhlich. Von wegen krank.
„Wenn ihr mich dort anmeldet, dann verrate ich der Welt die wahre Botschaft von ‚Ko Ko Bop‘“, drohte Skye, doch die Sänger wussten damit nichts anzufangen.
„Was ist denn die wahre Botschaft von Ko Ko Bop?“, kam es von Jongin und er lehnte sich zu ihr.
„Drogen machen Spaß.“
Die Kerle hielten sich die Bäuche vor Lachen.
„Wie … wie kommst du denn da drauf?“ Es dauerte eine Weile bis sie wieder in der Lage waren zu sprechen.
„Habt ihr euer MV mal ohne Ton gesehen?“
Nun tauschten sie einen fragenden Blick untereinander aus und Skye machte ihren Fernseher an, um sich dort auf Youtube einzuloggen. Gespannt setzten sich die drei auf die Couch, als würden sie das Video zum ersten Mal sehen.
Skye machte die Eingabe und den Ton aus. Schweigend schaute sie sich das Video an, wobei Jongin ab und an lachen musste. Bunte Pillen, fliegende Autos, eine Galaxie in einer Waschmaschine, schwebende Burger. Das dieses Video, in einem Land, dass Drogen so verurteilte, überhaupt ausgestrahlt werden durfte! Andererseits hatten EXO ein Lied das ‚Overdose‘ hieß …
Als das Video zu Ende war herrschte Schweigen. Jongins und Chens Blicke trafen sich und beide fingen an zu lachen.
„Okay, ja, zugegeben … ohne Musik könnte man das Video falsch interpretieren“, begann Suho.
„Was heißt denn ohne Musik? Ich dachte ‚Kokobop‘ heißt die Droge die ihr euch da einfahrt!“, kam es von Skye. Chen und Jongin waren völlig ins Aus geschossen. Sie hielten sich die Bäuche und rangen nach Luft.
Chanyeol wollte eigentlich nur schauen, wo Chen und Suho abgeblieben waren und fand das lachende Völkchen auf Skyes Couch.
„Was ist hier denn los?“
„Skye analysiert unsere Musikvideos“, bekam Suho gerade noch so hin.
„Was ist überhaupt mit euren Musikvideos? Früher hattet ihr richtig Swag und dann …“
„Wie meinst du das?“, fragte Chanyeol gekränkt.
Da Bilder mehr als tausend Worte sagten, machte Skye zuerst das Video zu ‚Call me Baby‘ an.
„Seht ihr, Swag. Coole Moves, coole Klamotten – geile Band.“
„Das sind wir immer noch!“ Jongin hatte endlich wieder Luft zum Atmen.
Skye machte kommentarlos ‚Power‘ an.
„Ernsthaft?“
Und wieder brachen sie lachend zusammen. Die Videos so hintereinander zu sehen war ein einschneidendes Erlebnis.
„Wir haben uns … weiterentwickelt“, verteidigte Suho das Konzept.
„Zu was? Den Power Rangers?“, fragte Skye trocken und Jongin, Chanyeol und Chen schnappten wieder lachend nach Luft.
„‘Es‘ ist witzig“, erwiderte Suho, konnte sich ein Grinsen aber nicht verkneifen.
Sie ließen noch ein paar andere Videos durchlaufen.
„Also, irgendwann müsst ihr mir zu ‚Monster‘ mal die tiefere Botschaft erklären“, forderte Skye, die das Video etwas verstörend fand. Doch die älteren Videos fand sie wirklich cool. Auch ‚Growl‘ oder ‚Wolf‘ oder ‚Mama‘. Was war geschehen? Chen, Chanyeol und Suho spekulierten noch über ihre Videos und schwelgten in Erinnerung, während Jongin dort weiter machte, wo sie vorher aufgehört hatten. Er hielt sie fest in seinen Armen. Es gab nichts Schöneres als verliebt zu sein. Die Welt schien still zu stehen, alles war egal, dass man morgen aufstehen musste, dass um sie herum so viel Stress war.
Chen stupste Chanyeol mit dem Ellenbogen an und nickte in die Richtung der beiden.
„Ich denke es ist Zeit zu gehen.“
Und so verzogen sich die drei leise, was das Paar kaum bemerkte.
Skye war schon mit EXO beim Friseur gewesen und sie dachte, sie wäre halbwegs emotional darauf vorbereitet. Bullshit. Schlimm, schlimmer, Frauen, Kinder, Super Junior. Das war Skyes neue, offizielle Steigerung. Wobei man hier differenzieren musste. Manche waren recht locker, wie Donghae, Sungmin oder Ryeowook, aber Leeteuk, Heechul und Kyuhyun stellten sich als totale Haar-Generäle heraus. Wahrscheinlich war das auch der Grund, wieso sie in der ersten Gruppe waren. Während der Rest der ersten Gruppe schon wieder weg war und von der zweiten Gruppe abgelöst worden war, saßen die drei Grazien noch immer auf ihrem Drehstuhl.
Mia hatte, wohl rein aus Verzweiflung, ihren Orangensaft mit Sekt aufgefüllt.
„Sag mal, was macht eigentlich Honey?“
Es war eine harmlose Frage, doch Mia verschluckte sich direkt.
„Honey?“, fragte Mia zurück, doch allein schon diese Reaktion zeigte Skye, dass sie es eigentlich gar nicht wissen wollte.
„Spit it out!“
„Also sie .. Jiyong hat … sie ist irgendwie … GDs Assistentin.“
Nun verstand die Amerikanerin die Reaktion, gab sich jedoch cool.
„Das ist doch gut.“
„Gut?“ Nun hatte sie es mal zur Abwechslung geschafft Mia zu irritieren.
„Ja, Jiyong ist doch ohnehin schwer beschäftigt mit den Alben und der Tour und Honey findet zurück ins richtige Leben.“
Dass Skye sich in diesem Moment wünschte, dass sie Honey niemals von dieser Insel geholt hätten, sagte sie natürlich nicht. Allerdings kaufte Mia ihr das auch nicht so ganz ab.
„Honey ist eine begabte Sängerin, doch irgendwie bringt sie Durcheinander. She’s no Georgina Sparks, more like a Jenny Humphrey, wherever she goes they all XOXO gossip girl-ing. She can be nice but sometimes it’s like she’s horkruxed her personalitys.“
Skye musste ganz schön aufpassen, um mitzukommen.
„Ich bin nur froh, dass sie Jongins Cousine ist, ich kann mir vorstellen, dass sie den Kerlen ganz schön den Kopf verdreht.“
„Das mit dir und Jong läuft gut, oder?“, fragte Mia.
„Ja, er ist … ich weiß nicht, ich habe das Gefühl ich zu sein, wenn ich bei ihm bin. Geschminkt, ungeschminkt, im Abendkleid oder in der Jogginghose, er sieht mich und nicht das, was mich umgibt. Ich liebe es ihn zu beobachten, wenn er sich nicht beobachtet fühlt, he’s so … so pure.“
„Hey! Ich wusste nicht, dass ihr für’s Quatschen bezahlt werdet!“, rief Heechul. Mia rollte die Augen.
„Ich mache das schon, geh du mit Jongin essen.“
Jongin wartete bereits im Wagen vor der Tür und Skye rannte praktisch zum Auto, riss die Tür auf und schmiss sich auf den Sitz. Verwundert schaute er nach seiner Freundin.
„Alles okay?“
„Fahr! Fahr!“ Und schon gab er Gas. Als sie um die Ecke bogen atmete sie erleichtert aus. Jongin schielte noch immer seitwärts zu ihr.
„Godzilla? King Kong? Chucky?“
„Heechul“, erklärte Skye. „Sie sind ein wenig anstrengend – nicht alle, aber die, die anstrengend sind, gleichen die anderen locker aus. Dagegen seid ihr harmlos.“
Jongin fragte sich, ob das nun ein Kompliment war oder nicht und ob er es entsprechend dafür nutzen konnte sie zurück zu holen. Er war sich unsicher, also ließ er diese Gelegenheit vorbeiziehen.
Es war ein schöner Tag. Die Temperaturen hatten sich peux a peux hochgearbeitet und in der Regel waren es jetzt über 20°Grad. Manchmal regnete es und manchmal war es windig, doch heute hatten sie Glück und die Sonne hatte die Wolken zur Seite geschoben.
Anstatt in ein Restaurant zu gehen, bestellten sie Essen zum Mitnehmen und fuhren runter an den Hangang. Er hatte eine Decke im Auto und Getränke hatten sie im Restaurant geholt. Auch am Hangang war wieder mehr los. Die Wiesen waren wieder grün und viele Leute kamen an das Flussufer. Das Pärchen suchte sich einen Platz nicht zu weit weg vom Auto – für den Fall, dass sie flüchten mussten und breiteten das Essen aus.
Skye genoss es in der Öffentlichkeit mit ihm zusammen zu sein, ohne darauf zu achten, dass sie niemand sah, dass sie sich nicht berührten. Sie waren ein normales Paar und machten normale Dinge, wie gemeinsam essen. Natürlich fiel ihnen auf, dass sich unweit von ihnen eine kleine Gruppe niedergelassen hatte, die sie beobachteten, doch sie ließen sich davon erst einmal nicht stören. Zumal Skye nun Ninja war.
„Heute Abend habe ich offizielle Probe“, erzählte sie Jongin. Noah hatte ihr eine Nachricht geschickt, dass heute Abend Probe sein würde und Skye war froh, dass sie wenigstens etwas geübt hatte.
„Dass dich Mia da überhaupt hinlässt – ich dachte sie ist dein Dong Bang Shin Ki.“
„Mal abgesehen davon, dass ich immer noch nicht genau weiß, was das bedeutet, so glaube ich, dass Mia es nicht lange aushält lange auf jemanden sauer zu sein.“
Jongin hob zwar die Augenbrauen, sparte sich jedoch ein Kommentar. Er würde einen Teufel tun und sich da reinhängen und wenn Mias Methode dazu führte, dass Skye zurück zu EXO kommen würde, so konnte er damit leben, dass Skye ein paar Nächte wenig Schlaf bekam und am Nörgeln war.
Jongin fuhr Skye nach dem Essen in die Akademie. Vorhin hatte sie Mia noch gelobt – als sie jetzt die Liste für Erledigungen sah, wurde ihr ganz anders. Die Liste war recht lange und soweit Skye das erkennen konnte musste sie Pacman spielen.
Es war 22:46 als sie die Tür zu ihrem Apartment öffnete. Nicht nur das die Erledigungsliste von Mia ewig gedauert hatte, sie hatte um 20 Uhr auch noch Probe für den Ball gehabt. Sie hatte ungefähr eine halbe Stunde Programm und hatte 2,5 Stunden geprobt. Das wäre auch okay, wenn sie nicht generell genervt gewesen wäre und zu allem Übel auch noch zu spät kam. Noah hat sich sein Kommentar nicht nehmen lassen und Skye genau so wenig. Sie hatte Hunger, sie war müde und sie wollte duschen.
Nun öffnete sie die Tür zu ihrer Wohnung und fand dort nicht nur Jongin, sondern auch Chanyeol, Chen, Leeeteuk, Kyuhyun und merkwürdigerweise Changmin und Donghae.
„Seit wann ist meine Wohnung ein Flüchtlingslager?“
„Seit ich koche“, kam es von Chanyeol. Skye hatte den Geruch zwar bemerkt, allerdings war Essen nicht ihr erster Gedanke gewesen.
Sie schmiss ihre Tasche und ihre Schuhe in die Ecke und schlurfte zu Chanyeol.
„Was ist das?“, fragte sie vorsichtig.
„Ich wollte etwas machen, dass dich an deine Heimat erinnert – ich habe Gumbo gemacht!“
Die Amerikanerin blinzelte und fing dann an zu lachen.
„Sie kommt doch gar nicht aus den Südstaaten“, bemerkte Changmin flüsternd.
„Ja, aber willst du Chanyeol aufhalten, wenn er einmal am Machen ist?“, erwiderte Leeteuk.
„Und man stellt nicht in Frage, wenn jemand kocht“, kam es von Kyu. „Man nimmt es dankend hin.“
„Du? Dankend?“, fragte Changmin.
„Wenn es schmeckt“, gab Kyuhyun zu.
Skye verging das Lachen, als sie das Gumbo probierte. Schlagartig verzog sie das Gesicht und schluckte es schweren Herzens runter.
„Also erstens: ich komme aus San Francisco und zweitens: Das ist kein Gumbo und drittens: Diesen Geschmack werde ich niemals vergessen können.“ Sie klopfte ihm auf die Schulter und nahm dankend ein Glas Orangensaft entgegen, welches ihr Jongin eingeschenkt hatte.
Die anderen amüsierten sich köstlich und Chanyeol sah aus, als würde er gleich weinen.
„Und ich hatte schon Angst, dass man in Amerika so etwas essen würde“, fing nun Kyuhyun an zu stochern.
„Ich habe mich genau an das Rezept gehalten!“, beschwerte sich Chanyeol und sah zu, wie Skye es wegschüttete.
„Ich will nicht, dass dich jemand wegen Körperverletzung verklagt. Mache dir keine Sorgen, wir bestellen etwas zu essen.“ Eigentlich bereute Skye, dass sie es weggeschüttet hatte. Sie hätte das irgendjemand unterjubeln können, den sie nicht leiden konnte.
Als sie in Nepal war, hatte sie in den Tempeln kleine Kisschen geholt, die mit irgendwelchen Kräutern gefüllt waren und bestialisch stanken. Die hatte sie geholt für all die Leute, die sie nicht leiden konnte. Einerseits mussten sie sich freuen, dass man ihnen etwas aus Nepal mitgebracht hatte. Andererseits wurden die im Umkreis von 10 Metern rund um das Kissen nicht glücklich. Einem Ex-Freund hatte sie so ein Kissen im Autositz versteckt. Es war herrlich die Geschichten zu hören, wie er dreimal das ganze Auto hat reinigen lassen und letztendlich hatte er es sogar verkauft.
Da sie nicht schon wieder ungesundes Fastfood essen konnten und Skye heute Mittag schon Koreanisch hatte, bestellten sie beim Chinesen. Inklusive Glückskekse. Was Skye witzig fand war, dass Glückskekse zwar tatsächlich in China produziert wurden, jedoch für den ausländischen Markt. Noch nie hatte sie in China einen Glückskeks bekommen. Und die Welt hielt es für chinesische Tradition. So wie die Winke-Katzen. Die hatte sie bisher erst einmal in China in einem Laden gesehen und die Besitzerin hatte erzählt, dass ein amerikanischer Tourist ihr die Katze geschenkt hatte.
„Wo warst du eigentlich den ganzen Tag?“, erkundigte sich Kyuhyun, der sich letztendlich doch für eine Haarfarbe hat entscheiden können.
„Überall“, erwiderte sie vielsagend.
Es schien als hätte Mia sich viel Mühe dabei gegeben alles Mögliche an den jeweils am weit entferntesten Ort voneinander zu bestellen. Skye hatte Teile von Seoul kennen gelernt, die sie noch nie betreten hatte – und sie hat hier gelebt!
Doch sie würde sich nicht unterkriegen lassen. Nicht wegen ein paar Besorgungen. Skye war ein super Pacman! Sie hatte jahrelange Pacman-Erfahrung. Paris, London, Edinburgh, Barcelona, New York, New Orleans, Buenos Aires, Kapstadt. Keine Stadt war pacman-sicher vor ihr und Seoul würde sie mit Sicherheit nicht klein bekommen. Und unter gar keinen Umständen, würde sie sich vor EXO Mitgliedern über das Leben als Assistentin von Mia beschweren. Eher würde sie sich die Zunge abbeißen und sich einen Papageien zulegen – so wie der eine Piraten bei ‚Fluch der Karibik‘, Cotton hieß er, glaube ich.
„Aber es war wirklich spannend“, fügt sie noch lächelnd hinzu und sah, wie den EXO Mitgliedern förmlich ihr Hühnchen süß-sauer im Rachen stecken blieb.
„Sagt mal, was macht ihr eigentlich alle hier?“