Und Skye schlief bis 2 Uhr morgens. Als sie aufwachte fühlte sie sich orientierungslos. Jongin lag neben ihr – er war tatsächlich auf der Geburtstagsfeier gewesen und war um 23 Uhr wieder hoch gekommen – und Skye griff nach ihrem Handy, um auf die Uhr zu schauen. Toll. 2 Uhr. Was fing man um 2 Uhr an? Eunhyuks Party war schon lange vorbei. Es war zu früh um wach zu bleiben, doch da schlich sich so ein Gefühl bei ihr ein: Hunger.
Sie versuchte es zu ignorieren und wieder schlafen zu gehen, doch vergebens. Bald gab sie es auf und schlich sich aus dem Bett. Die Amerikanerin schlüpfte in eine Jogginghose und einen dicken Pullover und machte sich auf den Weg in den Keller.
Während sie den Flur entlanglief und aus dem Fenster schaute, bemerkte sie eine Gestalte, die in der Dunkelheit auf dem Hof saß. Sie blieb stehen und versuchte auszumachen, wer ihrer Mitbewohner da draußen saß. Es war zu dunkel, aber sie hatte eine Ahnung wer es sein könnte und so nahm sie einen kleinen Umweg in Kauf.
Leeteuk genoss die ruhige Nacht, als er irgendwann Schritte hörte. Er drehte sich nicht um und Skye setzte sich neben ihn auf die Bank.
„Hi – wieder wach?“, fragte er lächelnd.
„Ja und du? Noch wach?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Die Nacht vor dem Tourstart schlafe ich immer schlecht.“
Skye fand, dass es ein Unterschied war, ob man schlecht schlief oder gar nicht, aber sie würde um 2 Uhr morgens keine Grundsatzdiskussion anfangen.
„Ich habe euch im Training gesehen, ihr müsst euch keine Sorgen machen“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
„Es ist das erste Mal, nach so einer langen Zeit, dass wir alle gemeinsam wieder auf der Bühne stehen – fast alle zumindest. Wir werden auch nicht jünger und so viele neue, junge, begabte Künstler rücken nach…“
„Weißt du wieso ich Super Junior immer gemocht habe?“, fragte sie ihn und erwartungsvoll hob er die Augenbrauen.
„Nicht weil ihr besonders gute Musik macht oder weil ihr toll live singt-“ Skye sah wie er die Augenbrauen zusammenzog. „Nein, nein, nein, lass mich ausreden“, sagte sie grinsend.
„Bands die tolle Musik machen, findest du überall. Aber ihr … ihr seid eine Familie. Jeder ist einzigartig und ihr habt mich davor bewahrt durchzudrehen. Ich hatte früher viele Jobs und musste lernen für’s College und manchmal wusste ich nicht weiter. Ich hatte das Gefühl, dass alles zu viel war und dann habe ich mir immer eure Videos angeschaut und ihr habt mich zum Lachen gebracht … und du … du hast so viel durchlebt und du hast immer gelächelt. Immer. Ich war bei SuKiRa gewesen und du hast gegähnt und zwei Stunden später hast du immer noch getwittert und ich dachte mir immer ‚Wenn Leeteuk Oppa stark sein kann, dann kann ich das auch‘. Es ist wie bei One Piece, die Geschichte ist eigentlich gar nicht so interessant. Sie reisen, treffen auf Gegner, besiegen sie, reisen weiter, treffen einen neuen Gegner, besiegen ihn, aber die Moral der Geschichte ist, dass du alles schaffen kannst, wenn du daran glaubst und dass Freunde immer zueinander halten, auch wenn ihre Ziele vielleicht anders sind als deine eigenen. Und so ist Super Junior. Die Musik ist fast egal, ihr berührt eure Fans nicht in den Ohren, sondern im Herzen. Ich hatte ein Bild von euch in meinem Kopf gehabt und ihr seid genauso, wie ich es mir vorgestellt habe und in den drei Monaten, in denen ich jetzt hier bin, habe ich verstanden, dass nicht jeder so ist wie ich es dachte und das auch nicht jeder so eng miteinander ist. Ihr seid zusammen erwachsen geworden, ihr habt euch gegenseitig unterstützt und auch wenn ihr älteren geworden seid und nicht mehr ständig aufeinander hockt, so verbindet euch alle etwas und ich denke diese Verbindung wird bleiben bis ihr alt seid und ihr die Band in ‚Super Senior‘ umbenennt.“
Leeteuk lachte fröhlich bei ihrem letzten Satz. Manchmal fühlte er sich schon jetzt wie ein Super Senior. Er dachte über ihre Worte nach und ließ sie sacken.
„Danke Skye.“
Sie saßen schweigend nebeneinander und irgendwann fing Leeteuk an zu gähnen.
„Ich denke es wird Zeit ins Bett zu gehen“, sagte er und stand auf.
„Skye?“
„Hm?“
„Geh zurück zu EXO. Sie brauchen jemand wie dich. Mia ist für sie wie eine Mutter, mit ihr können und wollen sie nicht über alles reden, aber du bist für EXO, was Mia für uns war.“
Er wand sich ab und verschwand in der Dunkelheit.
Nach dem Gespräch mit Leeteuk war der Hunger weg gewesen und sie war zurück zu Jongin ins Bett geschlichen. Als ihr Wecker sie um 7 Uhr aus dem Bett schmiss, wusste sie nicht, ob sie das Ganze vielleicht nur geträumt hatte oder ob es wirklich geschehen war.
Was auf jeden Fall wirklich geschehen war, war Eunhyuks Geburtstagsfeier und Skye hatte sich fast schon etwas Gedanken darüber gemacht, dass Eunhyuk so sauer auf die anderen war, dass er nicht zu seiner eigenen Party kommen würde. Doch wie sie Super Junior richtig einschätzte, hatte er ihnen schon wieder vergeben – zumindest genug, um auf die Party zu kommen.
Die Party an sich barg aber keine großen Events – zumindest keine die eine nackte Frau mit frischen Früchten hätte toppen können.
Obwohl Skye heute Nacht aufgewacht war und so hungrig gewesen ist, hatte sie jetzt kaum Hunger. Sie machte sich fertig und ging rüber zum SuJu Dorm, um nach den aufgescheuchten Hühnern zu gucken. Der Begriff war sehr passend.
Alle hatten im Dorm geschlafen, wegen dem Gemeinschaftsgefühl, doch die Amerikanerin fragte sich, wie viel Schlaf die Sänger tatsächlich bekommen hatten. Mia saß in aller Seelenruhe am Tisch und hatte ihr Handy in der Hand. Donghae und Eunhyuk tanzten mitten im Zimmer, Kyuhyun und Ryeowook hatten die Kopfhörer auf und waren am Singen, was Eunhyuk und Donghae nicht so toll fanden, weil sie zu einem anderen Lied tanzten, als die anderen sangen. Ryeowook versuchte irgendwie Ordnung ins Chaos zu bringen, während Shindong und Heechul weitere Sachen heimlich verteilten und Ryeowook war schon völlig durch den Wind, weil er sich nicht erklären konnte, wieso er das eben noch nicht gesehen hatte.
Leeteuk saß gegenüber von Mia und schlürfte eine Suppe. Skye sprintete zum Kaffeeautomaten und ließ sich neben ihrer Chefin nieder.
„Wie kannst du in diesem Chaos so konzentriert aussehen?“
„Gewohnheit“, erwiderten Mia und Leeteuk gleichzeitig. Skye fühlte sich wie auf einem Kindergeburtstag der außer Kontrolle geraten war.
„Sag mal, haben wir uns heute Nacht gesehen?“, fragte Skye Leeteuk, weil es ihr einfach keine Ruhe ließ.
„Ja, haben wir“, bestätigte er ihr und lachte fröhlich. Nun schaute Mia doch mal auf.
„Ihr trefft euch nachts heimlich?“
„Es war auf dem Hof, so heimlich war es nicht“, erklärte er.
„Sag mal, hast du ein Sammelheft für Idols?“, fragte Siwon im Vorbeigehen. Skye fiel der Kiefer runter.
„And good morning to you Mr Grumpy…“
Leeteuk und Mia fingen an zu lachen, doch Skye schaute dem Sänger nur argwöhnisch nach.
„Arschwon…“
„Hey, ich habe Arschkyu erfunden!“, erzählte Mia stolz.
„Hey!“ Das hatte Kyuhyun gehört, Kopfhörer hin oder her.
Gegen 11 Uhr fuhren sie los. Bis dahin ließ sie auch jeder in Ruhe. Sie trafen sich mit den engsten SM Mitarbeitern in einem Restaurant. Der Tourmanager, Herr Kim, die Stylisten, Choreografen und ein paar andere Leute, die Skye nicht kannte oder deren Namen sie nicht wusste, waren anwesend. Wen sie kannte war Youngjun. Der EXO Manager saß neben Herrn Kim und unterhielt sich mit diesem. Skye blieb stehen, doch Mia schob sie weiter.
„Be a pinguin“, flüsterte sie ihr zu.
„Smile and wave … just smile and wave“, sprach sich Skye gut zu.
Mia setzte sich zwischen Leeteuk und Donghae und aus irgendeinem magischen Grund war in dem Separee nur noch ein Platz zwischen Siwon und Heechul frei. Die Amerikanerin stockte, empfand es aber als albern stehen zu bleiben oder draußen zu essen und so nahm sie neben den beiden Platz. Um das Ganze noch abzurunden, saß Youngjun ihr gegenüber. Es waren Momente wie diese, in denen Skye sich fragte, wieso sie nicht auf einer einsamen Insel sitzen könnte. Ihre einsame Insel.
„Das ist eine interessante Konstellation“, bemerkte Heechul und ließ seinen Blick von Skye zu Siwon bis zu Youngjun gleiten.
„Au-!“ Skye hatte ihn aus Versehen unter dem Tisch getreten.
Bevor das Essen kam, hielt Herr Kim eine kleine Ansprache. Darüber wie lange sie darauf gewartet hatten wieder zusammen aufzutreten und dass sie alle hart für diesen Tag gearbeitet hatten. Das wäre die Kurzform gewesen, die von Herrn Kim dauerte knapp 15 Minuten. Siwon war zu höflich und hörte aufmerksam zu, als Herr Kim von Höhen und Tiefen sprach, doch Heechul hatte den Kopf schon im Nacken liegen und starrte regungslos die Decke an.
Schließlich kam er zu einem Ende und alle klatschten – keiner rief ‚Zugabe‘.
Super Junior würden einen langen Tag vor sich haben, doch stürzten sie sich nicht auf das Essen. Wahrscheinlich hatten sie Angst, dass von einem Essen die Muskeln alle verschwinden würden. Wahrscheinlich würden sie später noch Sit-Ups machen, damit sie eine bestmöglichste Figur abliefern konnten.
Nach dem Essen schlichen sich Mia und Skye nach draußen zum Rauchen. Mia hatte nur eine elektronische Zigarette und das, was sie da rauchte, roch sehr interessant.
„Kann ich nicht schon in die Halle? Irgendetwas tun?“, bat sie ihre Chefin.
„Du solltest geschmeichelt sein“, erwiderte die Deutsche.
„Geschmeichelt?“ Sie war in der Rocky Horror Picture Show gelandet und sollte geschmeichelt sein?
„Ich habe noch nie gesehen, dass es jemand schafft Siwon so aus dem Konzept zu bringen. Er scheint dich wirklich gerne zu haben.“
Skye wollte erwidern, dass er eine komische Art hatte das zu zeigen, doch andererseits hatte sie ihm einen Korb gegeben, was konnte sie also erwarten?
Sie standen noch draußen, da gesellte sich Youngjun zu ihnen. Mia verkrümelte sich wieder rein und ließ Skye mit ihm alleine.
„Ich habe gesehen du machst die Therapie weiter“, bemerkte er.
„Ja.“ Er schaute auf, als hätte er mehr Worte von ihr erwartet.
„Hast du denn das Gefühl, dass es dir besser geht?“
Skye zog die Augenbrauen zusammen. Ihre Familie war ausradiert worden, in einem lustigen Anflug von Ironie hatte sie danach den größten Jackpot aller Zeiten geknackt und man hatte versucht sie umzubringen. Ja, zwei Therapiesitzungen machten da den großen Unterschied. Aber nein, sie sagte es nicht.
„Mir ging es nie wirklich schlecht, aber mir hört ja keiner zu.“
„Wir versuchen nur das Richtige zu machen. So oft haben wir Hilferufe nicht gehört, doch vielleicht hast du Recht. Jeder verarbeitet traumatische Erlebnisse anders und vielleicht hast du den Weg gefunden, der für dich richtig ist. Aber das du noch zur Therapie gehst, ist ein Zeichen, dass du vielleicht doch einen Sinn darin siehst.“
Skye machte ihre Zigarette aus.
„Du musst mich schon fragen.“
„Was fragen?“
„Ob ich zurückkommen will“, erwiderte sie. Skye war zu stur für solche Spielchen, zumal, so wie sie es sah, EXO sie mehr brauchte als umgekehrt. Der Manager seufzte.
„Würdest du wieder zurückkommen?“
„Okay.“
„Okay?“
„Ja, aber erst ab Montag.“
„Okay, danke.“
„Bitte.“ Damit drehte sie sich um und ging wieder rein.
In der Halle wurden Super Junior dann für die Pressekonferenz schick gemacht. Skye hatte den Presseraum vorbereitet, mit einer Broschüre mit Bilderzugang und Getränken. Danach hatte sie die Presse am Eingang empfangen und rein geführt.
Die Pressekonferenz lief ziemlich normal ab und danach ging es an die Stellprobe in der Halle. Also wieder raus aus den Anzügen und rein in die bequemen Klamotten. Mia hatte tatsächlich an der Decke eine Kamera installieren lassen und schaute sich über das Ipad die Formation von oben an. Hier und dort machte sie farbige Markierungen, an denen sich Super Junior orientieren konnten.
Skye stand gerade neben der Bühne, als Jongin sie von hinten umarmte.
„My sun and stars…“, sagte sie und drehte sich zu ihm.
„Und? Läuft alles gut?“, fragte er und nickte in Richtung der Bühne.
„Ja, ich denke schon.“
„Na dann kann ich dich ja kurz entführen.“
Er fing an zu grinsen und zog sie an der Hand weg. Hilfesuchend schaute sie zu Mia, die ihnen nur grinsend zuwinkte.
Es war die gleiche Halle, in der EXO ihr Konzert gegeben hatten und Jongin führte sie in den Keller, in den Raum in dem sie ihn gefunden hatte. Diesmal wirkte es ganz anders. Er hatte LED Kerzen aufgestellt und eine Picknickdecke ausgebreitet, auf der Kuchen und Früchte ausgebreitet waren. Und eine Gitarre.
„Du gehörst mir eine Stunde – hat Mia gesagt.“
„Na, wenn Mia das gesagt hat.“
Er hatte auch frisch gepresste Säfte besorgt und das Paar gönnte sich eine kleine Auszeit im Keller der Halle. Skye überlegte ihm von ihrem Gespräch mit Youngjun zu erzählen, entschied sich dann aber dagegen. Es sollte eine Überraschung werden und es waren noch zwei Tage hin – wer weiß was noch passierte.
Als sie nach der Stunde in den Backstagebereich kamen, waren auch Baekhyun, Sehun und Chanyeol da und wünschten ihren Sunbaes viel Glück für die Show. Auch Luna und Amber kamen irgendwann und Taeyeon, Sunny und Yuri. Skye versuchte sich etwas abzukapseln und ging Mias Mails durch. Vielleicht sollte sie auch mit ihr darüber reden, dass sie zurück zu EXO ging.
„Mia?“, rief sie nach der Deutschen, als sie gerade an ihr vorbei ging.
„Hm?“
„Ich habe vorhin mit Youngjun geredet.“
„Ja, ich weiß“, erwiderte Mia grinsend.
„Sag nicht, dass du das ganze arrangiert hast!“
„Nein, manchmal braucht es nur einen Schubs in die richtige Richtung.“
„Also ist es okay, wenn ich ab Montag wieder bei EXO bin?“
Mia überlegte gekünstelt und nickte dann grinsend. Skye bekam das Gefühl nicht los, als hätte Mia das alles eingefädelt.
Skye lag auf einer Couch und hatte den Laptop auf dem Bauch, als über ihr Changmin erschien. Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute zu dem Sänger.
„Du siehst gelangweilt aus“, stellte er fest und legte den Kopf zur Seite.
„Ich sehe konzentriert aus“, erwiderte sie und klappte den Laptop zu. Sie versuchte die Märzstatistiken zu machen, aber entweder war es laut oder hektisch in der Halle. Sie hatte keine Ahnung wie Leeteuk und Mia das so ausblenden konnten. Mal abgesehen davon versuchte sie einen Bogen um Siwon zu machen, was gar nicht so einfach war. Tatsächlich war sie schon zweimal in ihn reingelaufen, was dazu geführt hat, dass sie sich eine Couch in den Raum mit den Klamotten geschoben hat – hinter die Klamotten und doch fanden sie ständig Leute.
„Solltest du nicht da draußen rumspringen?“
„Mia springt genug für vier Leute. Ich versuche eine Statistik zu machen.“ Die Betonung lag auf ‚versuchen‘. Genervt klappte sie den Laptop zu und setzte sich auf. Morgen hatte sie frei, weil Mia wollte, dass sie sich gut auf den Ball vorbereitete und vorher würde sie bei den Stylisten einfallen – was bedeutete, dass sie den halben Tag damit verbringen würde geschminkt und frisiert zu werden. Sie hatte also morgen früh Zeit die Statistik fertig zu machen. So ganz passte es Skye nicht, doch Mia sagte, dass es heute am Schlimmsten sein würde und die restlichen zwei Tage würden sich dann wieder alle besinnen was zu tun ist. Skye hatte von ein paar Sachen gehört, die heute laufen würden und über die Super Junior nicht informiert waren, doch am meisten war sie gespannt auf das, was sich SuJu für Mia haben einfallen lassen.
Es waren noch ungefähr zwei Stunden bis zum Konzert und Skye gönnte sich einen Snack. Es gab Catering und es durfte herrlich, auch wenn sich Skye nur für einen Salat entschied. Eunhyuk saß mit Donghae und Mia an einem Tisch.
„Habt ihr schon gegessen?“, fragte sie die beiden Sänger, doch Eunhyuk verzog nur das Gesicht.
„Ich kann vor einem Konzert nichts essen, mir würde nur schlecht werden.“ Der eine konnte nicht schlafen, der andere nicht essen … man sollte meinen, dass sie Konzerte im Schlaf geben konnten, aber kalt ließ es die Musiker doch nicht. Skye zuckte nur mit den Schultern und aß ihren Salat.
Siwon holte sich ebenfalls etwas zu essen, doch er setzte sich an einen anderen Tisch. Donghae und Eunhyuk beobachteten das gleichzeitig.
„Kein Ton!“, drohte Skye.
„Hey Siwon, komm doch zu uns!“, rief Donghae fröhlich grinsend und winkend. Mia sah nur Skyes Blick und fing an zu lachen. Konstruktiv ignoriert.
„Bei euch ist es so voll“, rief Siwon zurück.
„Aber nur weil dein Ego so groß ist!“, rief nun Skye zurück. Für die anderen war das wie Ping Pong. Siwon stand auf, ging zu ihnen rüber und baute sich, die Fäuste in die Seite gestemmt, vor Skye auf.
„Was war das?“
Skye hingegen stellte sich auf den Stuhl. Sie mochte es nicht, wenn man so auf die herabschaute.
„Ich habe gesagt, dass dein Ego zu groß ist.“
Siwon wollte ansetzen etwas zu sagen, doch stattdessen drehte er sich um und marschierte davon. Skye fand es sehr unhöflich einen Streit einfach zu verlassen und ging ihm nach.
„Hey!“, rief sie ihm nach und versuchte Schritt zu halten.
„Lass mich in Ruhe!“
Siwon bog in die eine Umkleide ein und schlug Skye die Tür vor der Nase zu. So schon mal gar nicht! Skye riss die Tür auf.
„Was ist eigentlich dein Problem?“ Sie schloss die Tür hinter sich, damit nicht die komplette Halle das mitbekam.
„Du machst mich wahnsinnig!“
„Ich mache dich wahnsinnig? Ich mache überhaupt nichts!“ Skye versuchte ihm so gut es ging aus dem Weg zu gehen und manchmal, manchmal hatten sie so etwas wie eine normale Konversation. So wie letztens. Da war alles gut gewesen und dann war es wieder nicht gut.
Der Sänger kam wieder auf sie zu, zog sie zu sich und küsste Skye. Wieso tat er das immer? Sie drückte ihn von sich.
„Du musst aufhören das zu tun. Ich habe es damals Jiyong nicht gesagt, aber du bringst mich in keine schöne Lage.“
Sie wollte Jongin nicht belügen.
„Sag mir, dass du nichts für mich empfindest“, forderte er von ihr.
„Siwon, ich empfinde nicht nichts für dich, aber ich empfinde auch nicht das, was du von mir möchtest.“
Er war toll. Er sah gut aus, er war smart und redegewandt, höflich und charmant. Das perfekte Date. Der perfekte Freund. Doch sie suchte nicht nach perfekt und sie wollte kein Spiel daraus machen, wer der bessere Mensch war. Skye war kein sonderlich guter Mensch, damit hatte sie sich abgefunden, aber er würde sie dazu bringen ein besserer Mensch zu sein und Skye wusste nicht, ob sie dafür die Kraft hatte. Und überhaupt, sie war mit Jongin zusammen und das erste Mal, nach langer Zeit, hatte sie das Gefühl irgendwo angekommen zu sein. Er erwartete nicht von ihr perfekt zu sein, er schaute sie nicht skeptisch an, wenn sie mal eine rauchte oder wenn sie sich ausließ über andere, machte er eher mit, als dass er ihr sagte, dass sie drüberstehen musste.
Siwon starrte sie an, schüttelte den Kopf und verließ das Zimmer. Skye fuhr sich durch die Haare und drehte sich langsam um, als sie Auge in Auge mit Mark und Taeyong stand.
„Wo- wo kommt ihr denn her?!“ Eben waren die noch nicht da gewesen!
„Wir wollen SuJu eine Überraschung machen und waren an ihren Klamotten…“, sagte Mark. Skyes Blick fiel auf den Klamottenständer hinten in der Ecke. Super, sie waren die ganze Zeit da gewesen. Sie ging auf die beiden zu, den Zeigefinger erhoben.
„Kein Wort von einem von euch zu irgendjemand, sonst …“, sie ließ das als Drohung unausgesprochen im Raum stehen, doch Mark verstand den Wink nicht.
„Sonst was?“, fragte er und schaute dabei so unschuldig, als würde er es tatsächlich nicht als Drohung verstehen.
„Willst du gar nicht wissen“, sagte Tae, der eigentlich sonst frech war, doch aus der Kiste würde er sich mal ganz geschmeidig raushalten. Er nahm den Jüngeren am Arm und zerrte ihn aus dem Raum.
Skye wusste einfach nicht was das sollte. Dieses Anzicken und dann küsste er sie einfach. Die Amerikanerin war völlig durch den Wind, doch dafür hatte sie keine Zeit. Sie ging zurück in den Aufenthaltsraum, wo ihr Salat noch stand und setzte sich zu den andern. Donghae und Eunhyuk schienen nichts zu bemerken, aber so wie Mia ihren Mundwinkel anhob, schien sie schon wieder mehr zu wissen, als Skye lieb war.
„Und, habt ihr euch vertragen?“
„Nein“, erwiderte sie wahrheitsmäßig. Sie waren weit davon entfernt von ‚vertragen‘.
Kurz bevor die Show losging, beobachtete Skye Mia und Donghae. Sie rückte seinen Kragen zurecht und redete leise auf ihn ein. Donghae erwiderte etwas grinsend und Mia fing an zu lachen. Donghae legte den Arm um sie und gab ihr einen Kuss auf die Wange und dann auf den Mund.
Skye spürte, wie ihr ebenfalls Arme umgelegt wurden und Jongin biss ihr leicht ins Ohr.
„So werden wir auch“, versprach er ihr.
„Das ist schön“, erwiderte sie und lehnte sich an ihn.
Einige der Künstler warteten hinter der Bühne, bis die Show angefangen hatte.
„Wenn du sie in die Lounge führst, bleib dort ruhig eine Weile“, meinte Mia und schickte sie los. Genau gegenüber von der Bühne gab es auf halber Höhe einen abgetrennten Bereich, wo für die besonderen Besucher Platz war. Es waren nur wenige Lable-Kollegen anwesend, was Skye etwas wunderte. Es waren viele vorhin gekommen, um SuJu Glück zu wünschen, aber jetzt war kaum jemand von SME da.
„Übrigens, danke für gestern. Es war eine gute Lösung“, lobte Amber Skye und klopfte ihr auf die Schulter.
„Danke“, erwiderte die Amerikanerin.
Super Junior hatten Spaß auf der Bühne, man sah es an ihren Augen. Die Leute im VIP Bereich sangen fröhlich mit.
Nach zwei Liedern ging Skye zurück hinter der Bühne und schaute, ob noch alles normal ablief.
Ungefähr bei der Hälfte des Konzertes wurde es auf einmal eng, plötzlich stand fast komplett SM Entertainment im Backstagebereich. Skye drehte sich um und wollte Mia fragen, was los war, doch die legte nur den Zeigefinger auf die Lippen. Super Junior bereiteten sich auf das nächste Lied vor und standen bereits an der Bühne. Skye hatte keine Ahnung, welches Lied als nächstes kam, doch es brauchte nur einen Ton und sie wusste es war ‚Sorry, sorry‘. SuJu stürmten auf die Bühne und zum Refrain rannten alle anderen Idols ebenfalls auf die Bühne und schlossen sich der Choreografie an.
Super Junior stockten verwundert und fingen dann an zu lachen. Am Ende fielen sie einander in die Arme und blödelten rum. Es waren solche Momente, die Skye eine Gänsehaut einjagten.
Kurz vor dem Ende, kam ein Lied, bei dem Leeteuk von einem Seil in der Decke runtergelassen werden sollte. Er fuhr gerade runter, als plötzlich das Licht auf der Bühne weg war.
Mia, die den Instinkt einer Löwin hatte, drehte sich zu dem Techniker.
„Was ist los?!“
„Irgendwie ist der Strom weg, wir checken die Sicherungen“, sagte er Mann und eilte los. Mia schaute sich um, ob sie noch jemand fand, den sie anbrüllen könnte. Leeteuk hing nicht weit vom Boden entfernt und Mia schnappte sich einen Stuhl und ging auf die finstere Bühne.
„Warte, ich rette dich!“, sagte Mia zu ihm und stieg auf den Stuhl. Wo waren eigentlich die anderen, wenn man sie brauchte?!
Kaum stand sie auf dem Stuhl, ging das Licht wieder an und alle Scheinwerfer richteten sich auf sie. Die Deutsche durchschaute sofort, dass es eine Falle gewesen ist. Mia hatte ein Déjà-vu, vor vielen Jahren war sie in einer ähnlichen Situation mit Teukie gewesen. Sie hätte direkt wissen müssen, dass etwas faul war. Aus den Hebebühnen kamen die anderen Sänger hochgefahren und sie alle hatten ein Grinsen auf den Lippen. Mia drehte sich nach vorne und verbeugte sich vor dem Publikum. Wenn sie schon hier stand, konnte sie die Fans auch begrüßen.
„Liebe Mia, es ist das erste Mal nach so vielen Jahren, dass Super Junior wieder gemeinsam auf der Bühne stehen, doch Super Junior wäre nicht Super Junior, wenn du nicht dabei wärst“, begann Leeteuk und Skye sah wie Mia schon jetzt die Tränen wegblinzeln musste.
„Du bist für uns eine Schwester und eine Ehefrau“, sagte Eunhyuk und legte den Arm um Donghae beim letzten Teil.
„Wir sind eine Familie und du hast einen großen Teil dazu beigetragen, dass wir heute hier sind“, meinte Heechul weiter.
„Und damit du weißt, wie gern wir dich haben, haben wir dir einen Song geschrieben“, beendete Kyuhyun und während sie gesprochen hatten, waren sie immer näher an Mia herangerückt. Es war sehr ungewöhnlich so etwas zu tun, selbst international betrachtet, doch Super Junior machten sich in der Regel nicht viel um Etikette und wenn sie Mia danken wollten, dann taten sie es auch vor 14.000 Fans.
Das Lied ging um Freunde, die zur Familie wurden, die sich stritten wie Geschwister und die man trotzdem nachts anrufen konnte, wenn man traurig war. Am Ende gab es einen Group Hug und nicht nur Mia liefen die Tränen.
„Übrigens, wir werden den Song nächste Woche veröffentlichen und der Erlös wird an Mias Stiftung für Obdachlose gehen“, verkündete der Bandleader und die Halle klatschte zustimmend.
„Du hast eine Stiftung für Obdachlose?“, fragte Skye etwas später.
„Ja, in Deutschland haben mich Obdachlose immer genervt, aber hier ist es irgendwie anders. Ich habe festgestellt, dass sie eigentlich nur einen Sinn im Leben brauchen. Die Stadt hat mir ein Grundstück gegeben und wir haben am Anfang nur Zelte daraufgestellt. Wir haben ihnen aber Materialien gegeben, um sich kleine Wohneinheiten zu bauen – sie mussten es nur selbst machen. Als die Wohneinheiten gebaut waren, haben wir ihnen eine Werkstatt gegeben und Vorlagen, um sich eigene Möbel zu bauen – zumindest Stühle, Tische, Schränke und solche Dinge. Inzwischen ist der Wohnblock zweistöckig und sie haben einen Hühnerstall, einen Garten und ein Gewächshaus und sie können sich fast selbstversorgen. Für den Rest sorgen wir. Wir vermitteln sie auch für kleinere Arbeiten in Gärten oder auf Baustellen. Anfangs waren sie sehr skeptisch, doch inzwischen haben wir fast 200 Frauen und Männer auf dem Gelände wohnen und die Nachbarschaft, die anfangs ablehnend war, nimmt sie inzwischen ganz normal auf“, erzählte sie stolz.
„Du bist so ein guter Mensch!“, stellte Skye total überrascht fest. „Wieso seid ihr alles so gute Menschen?!“ Erst Siwon und jetzt Mia.
„Du musst etwas finden, was dein Herz berührt, alles andere passiert von alleine“, erwiderte die Deutsche.