„Wir sollen was?“, fragte Kyuhyun ungläubig.
„Mich von EXO als Assistentin gewinnen.“
Heechul und Kyuhyun tauschten einen fragenden Blick aus.
„Bitte. Nur für ein paar Wochen, völlig egal. Ich spioniere auch für euch, damit ihr gewinnt.“
So wirklich schlau wurden die beiden daraus nicht. Mia hatte sich immer darüber aufgeregt, wenn Super Junior sie verwettet haben und nun wollte Skye verwettet werden. Allerdings wussten die beiden ja auch nicht um die Situation zwischen Skye und Jongin. Skye wollte nicht das Weichei spielen und von alleine kündigen, denn dazu bräuchte sie einen Grund und den Grund konnte sie nicht nennen – wobei Youngjun natürlich das Ganze verstehen würde, die anderen EXO Mitglieder aber nicht. Wenn sie verwettet werden würde, wäre es nicht ihre Schuld – zwar schon, aber das wussten EXO wiederum ja auch nicht.
„Du willst, dass EXO dich verwettet?“, fragte Heechul noch einmal nach.
„Ja.“
„Und dass wir dich gewinnen?“
„Ja“, erwiderte sie.
„Und was haben wir davon?“
Nun musste aber Skye stutzen.
„Eine Assistentin.“
„Und weiter?“
„Was und weiter? Ihr wolltet mich ohnehin gewinnen.“
„Korrektur: Wir haben dich gewonnen und nur weil Mia inzwischen schon so durchtrieben ist wie wir, hat sie ein Schlupfloch gefunden“, erwiderte Kyuhyun. Die Einzelheiten waren doch jetzt egal! Wieso sahen die beiden nicht, dass es hier Handlungsbedarf gab?
„Ich will das nur kurz zusammenfassen. Du kündigst bei EXO, dann fängst du wieder bei EXO an, doch bevor du anfängst bittest du uns, dass wir dich von EXO wegholen. Was hat EXO getan?“, fragte Heechul.
„Nichts. Es geht nicht um EXO.“ Das war nicht gelogen. Sollte Jongin noch einmal sagen, dass sie log. Die beiden Sänger glaubten ihr natürlich kein Wort. Natürlich ging es um EXO, denn wenn es nicht um EXO gehen würde, wieso wollte sie dann weg von ihnen? Noch kamen sie der Amerikanerin nicht auf die Schliche, aber sie hatten eine Fährte aufgenommen. Skye hingegen fühlte sich als hätte sie ein Engelchen und ein Teufelchen auf ihrer Schulter sitzen. Nur das es zwei Teufel waren.
Skye schlief erst gegen 5 Uhr total erschöpft auf der Couch ein. Sie hatte schon ohne Jongin geschlafen, aber dass er nicht hier war, war diesmal seine eigene Wahl und nicht die Tatsache, dass er irgendwo ein Konzert gab. Sie schaute also die ISS, bis sie irgendwann vor Erschöpfung einschlief.
Gegen 8 Uhr klingelte ihr Wecker. Youngjun hatte ein Meeting für 10 Uhr bei SME mit EXO angesetzt, wo Skye erscheinen sollte. Fehlte nur noch, dass sie ‚Überraschung‘ rief. Ihre Motivation hielt sich in Grenzen, eher fühlte sie sich, als wäre sie auf dem Weg zu ihrer eigenen Kreuzigung. Man merkte, wie sie versuchte Zeit heraus zu zögern, doch sie wusste es brachte nichts. Vielleicht könnte sie sich krankmelden! Für die nächsten drei … vier … Monate. Sie wusste auch, dass es nichts brachte, wenn Super Junior sie zurückgewinnen würden. Das Fotoshooting auf Korsika war keine vier Wochen mehr entfernt und seien wir ehrlich, ohne Skye wären sie total aufgeschmissen. Sie kannte sich dort aus, hatte Zugang zu privaten Buchten und kannte ganz viele tolle Orte. Sie wusste auch, dass es unfair war ihren Streit mit Jongin an den anderen auszulassen. Doch egal wie sehr sie versuchte sich zu motivieren, sie wollte einfach nicht. Skye wollte sich verkriechen.
„Hey, was ist mit dir los?“, fragte Taehyung, der ihr im Flur entgegenkam und anscheinend sah man Skyes Motivation.
„Kennst du das noch früher in der Schule, wenn man eigentlich lernen sollte und man aber Tausend Dinge fand, die irgendwie wichtiger waren?“
Der Sänger nickte.
„So geht es mir heute.“
„Was musst du tun?“
„Ich muss zu SME und EXOs Assistentin werden.“
„Und du hast keine Lust?“
„So gar nicht, ich wäre überall lieber als hier“, gab sie zu.
Kennt ihr das den Spruch ‚Man soll vorsichtig sein mit dem was man sich wünscht, denn es könnte in Erfüllung gehen‘? Skye hatte den wohl vergessen.
Taehyung führte Skye in den Keller, in die Bar.
„Geh auf die Toilette und zähle bis 100. Dann werden deine Sorgen weg sein“, sagte er feierlich. Skye schaute skeptisch, doch sie sah auch nicht, was er hier unten tun könnte, was ihr auch nur annähernd helfen würde. Wenn er gesagt hätte ‚Trink 100 Tequila und all deine Sorgen werden weg sein‘, dann hätte das schon wieder Sinn ergeben. Sie ging also ins Bad und zählte im Kopf.
„Ich kann dich nicht hööööören“, kam es sogleich von Taehyung. Skye rollte mit den Augen.
„Il ….. I …. Sam …. Sa …. Oh … Yuk …. Chil … Pal …“
Etwas später …. „Oh-Ship Sam … Oh Ship Sa … Oh Ship Oh …“ Noch später …. „Gu Ship Gu …Baek!“
Puh. Also wenn jetzt keine 100 gefüllten Tequila Gläser auf der Theke stehen würde, müsste sie sich mit Taehyung über seine Definition von ‚Helfen‘ unterhalten. Sie ging zurück in die Bar. Tae stand so ziemlich an der gleichen Stelle wie zuvor. Es standen keine Tequila-Gläser auf der Theke.
„Hast du ein Wurmloch geschaffen in ein alternatives Universum?“, fragte die Amerikanerin hoffnungsvoll.
„Nein.“
„Was hast du dann getan?“
„Was hat sich verändert?“, fragte er zurück und Skye schaute sich um.
„Wo ist meine Handtasche?“
„Vor der Tür“, erwiderte er. In diesem Moment fiel ihr Blick auf die Tür. Die hatte vorher noch eine Türklinke gehabt, die nun fehlte. Skye fiel der Kiefer runter.
„What did you do?!“ Spontaner Verlust der koreanischen Sprache.
„Ich der Türgriff ist einfach abgefallen“, sagte er unschuldig, doch Skye hatte auch den Schraubenzieher auf der Theke bemerkt.
„Du kannst doch nicht … was hast du dir gedacht?!“
Taehyung ging auf Skye zu und legte seine Hände auf ihre Schultern.
„Wir sind in einer Bar. Wir haben essen und trinken, eine Toilette, Stromversorgung und Musik. Wir können es uns hier ganz gemütlich machen, bis uns jemand aus Zufall findet, denn rufen bringt nichts, das weißt du. Und hey schau! Da steht eine Gitarre. Und wenn später sich jemand beschwert, kannst du es auf mich schieben. Fanservice.“
Skye hatte wieder Teufelchen und Teufelchen auf ihren Schultern sitzen. Ein Teufelchen wollte ihn umarmen, das andere wollte ihn verprügeln.
Youngjun besprach mit EXO den Zeitplan für das Repack-Album, was erscheinen sollte, nachdem sie aus Korsika wieder da waren. Korsika war wiederum im Anschluss der beiden Konzerte in Bangkok, da Skye darauf hingewiesen hatte, dass sie sonst unnötig durch die Gegend flogen.
Inzwischen war es fast 11 Uhr. Der Manager hatte Skye diverse Male angerufen. Normalerweise war sie immer überpünktlich und es sah ihr nicht ähnlich sich so zu verspäten ohne Bescheid zu sagen.
„Jongin, hast du Skye heute Morgen gesprochen?“, erkundigte er sich.
„Ehm … ja, aber es war sehr früh. Ich bin früher weg, weil ich noch im Fitnessstudio war.“
Tatsächlich hatte er in einem der ‚Love Apartments‘ geschlafen, die eigentlich für Besucher, die nicht in die Fabrik sollten, gedacht waren. Doch wenn er im Dorm geschlafen hätte, hätte er die Aufmerksamkeit und Fragen seiner Bandkollegen auf sich gezogen. Er spielte mit dem Gedanken die anderen in die ganze Geschichte einzuweihen, doch noch hatte er dafür nicht die Kraft.
„Kannst du sie versuchen anzurufen?“, fragte Youngjun. Jongin war zwar der Meinung, dass sie wahrscheinlich nicht ans Telefon ginge, eben weil er sie anrief, aber ein Versuch war es wert.
„Geht nicht ran.“
„Hmm“, machte der Manager.
„Was ist denn los?“, wollte nun Suho wissen, denn offensichtlich ging hier etwas an euch vorbei.
„Ach, Skye ist ab heute wieder eure Assistentin und sie sollte vor über einer halben Stunde eigentlich hier sein.“
Plötzlich sprachen alle durcheinander, nur Jongin blieb ruhig. Noch nicht einmal ihm hatte sie es gesagt und die Wut von gestern kochte wieder in ihm hoch.
„Aber jetzt mal ehrlich, bei Skyes Unfallprofil sollte vielleicht jemand nach ihr schauen gehen“, warf Chen in die Runde und alle Blicke fielen auf Jongin. Er war die offensichtliche Wahl.
„Ihr wird schon nichts passiert sein, wenn einer schauen gehen will, nur zu – ich muss ins Studio.“ Noch bevor jemand etwas hätte erwidern können, war er aufgestanden und aus dem Meetingraum verschwunden. Verwundert tauschten die anderen fragende Blicke aus.
Schließlich fuhr Chen selbst zurück in die Fabrik. In der Tiefgarage sah er Skyes Auto, da war sie wohl. Er ging hoch zu ihrer Wohnung und klopfte, als er keine Antwort bekam, gab er den PIN zur Wohnung ein – nicht, dass sie gestürzt war und blutüberströmt in der Wohnung lag. Nun war Skyes Wohnung doch recht schnell zu überschauen und Skye war definitiv nicht hier. Der Sänger ging gerade aus der Tür raus, als ihm Namjoon entgegenkam.
„Hi, sag mal hast du Tae gesehen?“
„Nein, hast du Skye gesehen?“
„Nein …“
Chen schaute den Flur entlang, irgendwie bekam er das Gefühl nicht los, das Taehyung etwas mit Skyes Verschwinden zu tun hatte. Er ging zum EXO Pit, zum Super Junior Dorm und sogar zu Changmin. Keine Spur von Skye oder Taehyung. Doch Chen war sich sicher, dass sie irgendwo hier sein mussten. Er lief das ganze Haus ab, bis er in den Keller kam und eine Gitarre hörte. Er hielt an und hörte Skye singen. Er folgte ihrer Stimme und blieb vor der Bartür stehen, Skyes Tasche stand davor.
„Skye?“
„Chen! Wir sind hier drinnen! Der Türgriff ist abgefallen!“ Skye versuchte erleichtert zu klingen, dass sie jemand gefunden hat. Tatsächlich waren es keine drei Stunden gewesen, allerdings hatte Skye genug von Nüssen und Popcorn und wollte etwas richtiges essen.
„Wie ist das passiert?“ fragte Chen, nachdem die Tür offen war.
„Skye wollte auf Toilette und ich war albern und habe von innen die Tür zugehalten und habe wohl zu stark am Türgriff gezogen“, erzählte Taehyung. Es vergingen ein paar Sekunden, dann hellte sich Taes Gesicht auf.
„Würdest du mir das abkaufen?“
Skye rollte mit den Augen.
„Was?! Was läuft hier eigentlich?“ Chen verstand gar nichts mehr.
„Youngjun hat gesagt du bist wieder unsere Assistentin, aber du kommst nicht zum Meeting und versteckst dich im Keller, indem du so tust, als wäre der Türgriff kaputt?“
„Schade das es noch zu früh für Tequila ist“, meinte Skye seufzend und erzählte den beiden die ganze Geschichte. Wie sie zuerst Jongins falsche Freundin war, wie sie Jiyong in Vegas geheiratet hatte, wie sie sich getrennt hatten und sie wirklich mit Jongin zusammengekommen ist, bis zu ihrem Streit gestern Abend. Die Amerikanerin vertraute den beiden und selbst wenn es jetzt aufflog, so what? Immerhin hätte Jongin dann die Presse vom Leib, doch eigentlich ging sie nicht davon aus, dass die beiden es nicht ausplaudern würden.
Nachdem sie mit ihrer Geschichte fertig war wussten die beiden nicht was sie sagen sollten.
„Wow“, war das Sinnvollste was Chen einfiel.
„Jetzt verstehe ich wieso du keine Lust hast zu EXO zu gehen“, sagte Tae und Chen stupste ihn mit dem Ellenbogen an.
„Wir können dafür auch nichts!“
„Da hat er Recht, EXO kann nichts dafür. Ich würde Jongin gerne die Möglichkeit geben sich etwas zu beruhigen, was er nicht kann, wenn ich ständig da bin. Ich weiß nicht wie Mia und Donghae das machen“, gab sie zu.
Sie saßen einen Moment ratlos im Keller, doch dann sprang Chen auf und streckte die Hand nach Skye aus.
„Hm?“
„Ich adoptiere dich! Wir planen das Comeback, Jongin ist im Tanzstudio, ich mit Bae, Suho und Chanyeol im Tonstudio. Und heute habe ich so wie so total viel zu tun – ich kläre das mit Youngjun.“
Eine Viertelstunde später saßen sie in Skyes Wagen.
„Okay, wo müssen wir hin?“
„Zum Friseur.“
Skye schaute zu ihm. Seine Haare waren wieder etwas länger und sie mochte das an ihm. Wenn er die Haare zu kurz hatte sah er aus wie ein Grundschüler.
„Ich mag deine Haare.“
„Ich auch – wir ändern deine Haare!“
„Was?! Du hast gesagt du hast viel zu tun.“
„Ja, mit dir. Los, fahr!“
„Unicorn hair? You’ve gotta be kiddin’ me.“
Skye schaute auf eine Farbpalette in Pastelltönen. So sah es ja ganz niedlich aus, doch bei ihr auf dem Kopf? Der Friseur, der sich sonst um die EXO-Haare kümmert stand hinter Skye und wuschelte ihr in den Haaren rum.
„Ich bin dafür das wir etwas kürzer gehen, ein Longbob. Du hast dicke Haare und leichte Locken. Jetzt sind deine Haare so lang und schwer und deswegen hängen die Locken aus. Ich würde bei dir mit Pastelltönen arbeiten, rosa, lila und blau, feine Strähnen, du wirst aussehen wie eine Disneyprinzessin – und wenn es dir nicht gefällt, ich habe ein Lösungsmittel um es wieder raus zu ziehen. Es hält so wie so nur 3-4 Wochen, dann müssten wir auffrischen.“
Skye suchte im Spiegel Chen, der ihr entgegen grinste.
„Ich denke du hast dir Unicornhair verdient – nach gestern.“
Leute änderten oft nach Trennungen oder einschneidenden Erlebnissen ihre Frisur, als Zeichen eines neuen Anfangs. Dabei wusste Skye ja gar nicht so genau, ob sie und Jongin getrennt waren oder nicht, sie wusste nur, dass sie Kopfschmerzen bekam, wenn sie darüber nachdachte.
„Whatever – do what you’ve gotta do.“
Und das war der Anfang von vier Stunden! Skye hatte zwar blonde Haare, doch damit die Farbe richtig decken würde, machte er Skye noch einen Tick heller. Dann kam die Farbe. Es hatte etwas von einem Kindergeburtstag. Skye war noch immer skeptisch. Zwar fand sie bunte Haare lustig, doch meistens traute sie sich nicht solche extremen Veränderungen zu machen. In ihrem Kopf hörte sie ihre Mutter mit der Zunge schnalzen und sagen ‚Bist du nicht zu alt für so etwas?‘. Skyes Mom war kein Fan von solchen Veränderungen. Für sie zählte nur Talent. Ein guter Sänger musste nicht geschminkt sein, es ging ja nur um die Stimme. Tatsächlich hatte sich die Amerikanerin all ihre Tattoos erst stechen lassen, nachdem ihre Mutter gestorben ist. Zu ihren Lebzeiten hätte sie sich das nicht getraut. Vor allem das ganze Bein! Ihre Mutter hatte im Himmel sicherlich eine Woche lang gewettert haben, bis man ihr angedroht hätte, dass man sie in die Hölle verfrachten würde. Eigentlich glaubte Skye nicht an einen Himmel, aber es war eine witzige Vorstellung.
Nach vier Stunden schaute sie in den Spiegel und sie musste zugeben, dass sie es gar nicht so schlecht fand. Sie fuhr sich durch die Haare um all die Facetten zu sehen. Er hatte viele kleine Strähnen gemacht. Mache Strähnen hatten durchgängig eine Farbe, andere hatten einen Farbwechsel, von Lila zu blau, von rosa zu lila.
„Also?“, fragte Chen und betrachtete selbst das Kunstwerk.
„Zugegeben … es ist ganz okay.“
„Ganz okay? Hör auf! Du liebst es!“
„Ja, ich liebe es!“ Beide fingen an zu lachen und Skye schüttelte ihre Haare.
„Okay, was als nächstes?“, fragte Chen, als sie wieder im Auto saßen.
„Hunger.“ Skye hatte ja schon Hunger gehabt bevor sie zum Friseur gefahren waren und auch wenn Milchkaffee geholfen hatte, so was es natürlich kein Ersatz für richtiges Essen. Chen ließ Skye entscheiden, wo sie hinfuhren und war von ihrem Weg wirklich verblüfft. Manchmal vergaß er wie gut sie sich hier auskannte. Ihr Weg führte von Gangnam zurück auf die Nordseite des Hangangs und dann in Richtung Guri. Von dort aus folgten sie dem Hangang fast eine halbe Stunde.
„Du weißt, dass wir Tausende von Restaurants in Seoul haben“, bemerkte er.
„Ja, aber es ist sonnig und warm und ich habe bunte Haare. Ich will etwas in die Natur, raus aus der Stadt.“
Sie erreichten Neungnaeri und Skye fuhr zielsicher auf einer kleinen Straße bis zu einem Parkplatz. Das Restaurant hieß inzwischen ‚Bonjour‘, früher hieß es anders und mit französischer Küche hatte es auch nicht viel gemeinsam. Es war etwas im Hanok-Stil gebaut. Das Restaurant umfasste mehrere Holzhäuschen, einen Innenhof mit Feuerstelle und eine große Terrasse. Der Hangang wirkte fast wie ein See und man war umgeben von Wäldern. Chen staunte nicht schlecht.
„Das ist wirklich schön hier.“
„Ja, ein Freund war mal vor vielen Jahren mit mir hier gewesen. Einfach mal raus aus der Stadt.“
Skye ließ ihren Blick über die Umgebung schweifen, als die Kellnerin mit den Karten kam. Am Ende stand der ganze Tisch voll. Die Dämmerung hatte eingesetzt und die Bäume rund um das Restaurant wurden bunt angeleuchtet. Als die Lichter angingen schaute Chen sich um und grinste.
„Was?“
„Deswegen wolltest du hier her.“
„Weswegen?“
„Deine Haare fühlen sich hier wohl.“
Beide fingen sie an zu lachen. Die Assistentin war nicht davon ausgegangen heute noch gute Laune zu bekommen. Andererseits hatte sie in den vergangenen Jahren gelernt, dass man manche Dinge nehmen musste, wie sie kamen. Sie konnte im Moment nichts an Jongins Meinung ändern und sie würde nicht um Vergebung betteln. Zumal sie hier keine wirklich Schuld sah. Im Endeffekt waren sie gerade mal 6 Wochen ein Paar. Musste man in der Zeit wirklich sein Innerstes offenbart haben? Sie glaubte nicht und mit Sicherheit hatte Jongin auch das ein oder andere Geheimnis.
Es war fast 22 Uhr, als sie sich zurück nach Seoul machten.
„Danke, dass du mich hergebracht hast.“
Skye schaute zur Seite und lächelte Chen an.
„Du und Jongin, ihr bekommt das hin. Irgendwie. Ihr passt gut zusammen … wie … ‚Die Schöne und das Biest‘.“
Skye lachte fröhlich.
„Sag ihm das bloß nicht so!“
„Ich werde mich hüten!“
So schnell war ein Tag rum gegangen, an dem gar nicht viel passiert war. Es hat Skye gutgetan und es beruhigte sie zu wissen, dass sie zumindest für manche mehr war als nur Jongins Freundin.
Jongin war gerade auf dem Weg zu Skyes Wohnung. Er hatte den ganzen Tag nichts von ihr gehört und auch ihr Benehmen heute Morgen war nicht normal. Unterbewusst machte er sich doch etwas Sorgen. Dann kam sie um die Ecke, mit Chen und …. rosa Haaren? Er stockte und als Chen und Skye ihn sahen, hörten sie auf zu lachen.
„Ich lass euch mal alleine“, kam es von Chen und er ging einen Stock höher, an Jongin vorbei.
„Du gehst nichts ans Telefon. Ich habe mir Sorgen gemacht und dabei hast du einen Beauty Day mit Chen gehabt?“ Jongin hatte gewartet, bis Chen um die Ecke verschwunden war.
„Du musst dir keine Sorgen um mich machen, ich komme ganz gut alleine zurecht und Chen … er hat erkannt, dass ich etwas Abstand brauchte. Hast du dich denn etwas beruhigt?“
Das war ja wohl die Krönung. Ob er sich beruhigt hatte? Er atmete tief ein, bevor er darauf etwas erwiderte.
„Was meinst du mit beruhigen? Willst du mir sagen, dass ich überreagiert habe?“
„Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, dass du total überreagiert hast“, meinte Skye und lehnte sich an die Wand.
„Wir sind seit 5 Wochen oder 6 Wochen zusammen … was erwartest du? Dass ich mich dir komplett offenbare?“
„Dein richtiger Name wäre schön gewesen.“
„Es gibt Leute, die kennen mich weit länger und kennen nicht meinen richtigen Namen und ich habe dir auch erklärt wieso das so ist. So viel Geld zieht viele falsche Freunde an und mein Name hat in gewissen Bereichen dieser Welt viel Einfluss. Ich bin nicht nach Korea gekommen, um Laila Jones zu sein. Ich wollte nicht, dass mich jemand googelt und sich ein Bild von mir macht, ich wollte das ihr mich kennenlernt, nicht mein Geld. Wäre es anders zwischen uns gewesen, wenn du meinen vollen Namen und meinen Kontostand gewusst hättest? Ich hoffe nicht.“
Jongin wusste, dass sie ihre Gründe hatte und wenn er in ihrer Haut stecken würde, hätte er es vielleicht genauso gemacht, doch was ihn eigentlich ärgerte war diese Selbstgefälligkeit und ihre Überzeugung. Noch nicht mal ein Funken Reue war in ihrer Stimme zu hören.
„Und das mit der Hochzeit wäre schön gewesen.“
Skye rollte die Augen.
„Jongin, als wir uns kennen gelernt haben… it was none of your business. Wir haben niemanden davon erzählt, außer diejenigen, die es wissen mussten. Wie unsere Anwälte. Wir haben uns direkt nach der Rückreise aus Vegas um eine Scheidung bemüht. Diese Pressebeziehung war ein Mittel zum Zweck nicht nur für dich, es lenkte auch von Jiyong und mit ab und als wir dann zusammen gekommen sind kam es mir … dumm vor. So unendlich dumm. Und die Scheidung war schon am Laufen. Es hat dich nicht abgeschreckt das ich Jiyongs Freundin war, hätte sich etwas daran geändert, wenn du gewusst hättest, dass ich seine Frau war?“
„Vielleicht“, erwiderte er. Wahrscheinlich hätte er sich nie auf die ganze Sache eingelassen, was nichts an seinen Gefühlen geändert hatte. Seit er sie das erste Mal damals in dem Club gesehen hatte, hatte er sie nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Es war eigentlich schon tabu mit der Ex eines Idols etwas anzufangen, doch die Ex-Frau? All die Zeit hatte er sich Gedanken darüber gemacht, dass er sie ausnutzte und nun kam er sich ausgenutzt vor.
„Das ist doch Quatsch. Hast du noch nie im Suff etwas gemacht was dämlich war?“, fragte sie ihn.
„Schon, aber geheiratet habe ich nie.“
„Weil es hier in Korea auch nicht so einfach ist wie in Vegas, wo es Drive-In Kirchen gibt!“
Er hasst es, dass sie auf alles eine Antwort hatte.
„Ich weiß bis heute noch nicht wer deine Geschäftspartner sind.“
Skye erzählte immer nur von zwei Geschäftspartnern, doch er wusste nicht wo sie waren, wie sie hießen, wie ihre Beziehung zueinander war.
„Donald Trump und Bill Gates.“
„Wirklich?“
„Nein.“ Skye schnaufte genervt.
„Also erstens geht dich auch das eigentlich nichts an, denn wir haben eine private Beziehung und keine geschäftliche. Und zweitens: Das hättest du inzwischen googeln können, wenn es dich so brennend interessiert.“
„Ich sollte nichts googeln müssen, wenn es um meine Freundin geht!“
„Nate, 28 Jahre, er macht IT. Seit 2 Jahren verheiratet mit Marissa. Sie haben vor 6 Monaten ihr erstes Kind bekommen. Sie wohnen in Santa Clara – im Silicon Valley, wo unser Headquarter ist. Jamal, 27 Jahre, unverheiratet, Afroamerikaner. Er leitet das Management und ist die meiste Zeit in Moskau, Dubai, Abu Dhabi und New York. Und was ändert das jetzt?“
„Nichts, ich weiß nur nicht wieso du so ein großes Geheimnis daraus machst.“
„Ich mache kein Geheimnis aus ihnen – du hast mich nie nach ihnen gefragt.“
Es war ja nicht so, als würde sie ihm Dinge nicht erzählen, aber sie wollte ihn auch nicht mit Geschichten langweilen, die er nicht hören wollte.
„Vielleicht weil du mir das Gefühl gibst nicht über deine Vergangenheit sprechen zu wollen“, erwiderte er.
„Oder wie es scheint auch deine Zukunft. Du hast mir noch nicht einmal erzählt, dass du wieder unsere Assistentin bist.“
„Das hat sich am Wochenende ergeben und meine Güte! Es sollte eine Überraschung sein!“
„Schöne Überraschung, wenn ich als dein Freund so etwas noch nicht mal weiß!“
Skye hatte die Schnauze voll, sie bekam Kopfschmerzen und ihr wurde das langsam zu albern.
„Dann solltest du vielleicht nicht mehr mein Freund sein, wenn ich so eine Belastung für dich bin.“
„Meinetwegen!“
„Great!“
Der Kampf des letzten Wortes. Skye hatte einen Master darin.