Youngjun kam recht früh in das EXO Dorm, so früh, dass selbst diejenigen, die schon wach waren, ihn fragend anschauten.
„Guten Morgen! Freut ihr euch schon?“, fragte der Manager in die Runde und erntete noch mehr fragende Blick.
„Uhm … ja“, kam es von Suho, der der Meinung war, dass es unhöflich wäre Youngjun nicht zu antworten.
„Schön, sehr schön … ist Skye noch da?“
Von einigen kam nun ein ‚Aaaaah‘, weil sie verstanden, wieso er so früh hier war.
„Sie und Jongin haben bei Skye geschlafen“, erklärte Chen.
„Ah, verstehe.“
„Sie wohnt nur den Flur runter“, merkte Sehun an.
„Ja, ja, ich weiß.“ Doch dieser Weg war für sein koreanisches Ego zu weit. Er vertraute darauf, dass Skye sich von EXO verabschieden würde, aber dafür war Skye zu gewieft. Natürlich hatte sie geplant die anderen zu verabschieden, doch sie hatte Youngjuns Auto im Hof gesehen. Wenn er über die Bathöhle reingekommen wäre, hätte sie das nicht gesehen und wäre ihm geradewegs in die Arme gelaufen.
Das Paar war gerade auf dem Weg zum Pit, als der Manager auf den Hof fuhr. Skye blieb stehen und rollte die Augen.
„Okay, sage den anderen ‚Gute Reise‘ von mir.“
„Du weißt, dass er wegen dir so früh gekommen ist“, bemerkte Jongin und nahm ihre Hand.
„Ja, aber es ist auch kein Geheimnis, wo ich wohne.“
Sie gab ihm einen Kuss zum Abschied. Er würde nur zwei Tage weg sein, kein Grund ein großes Drama daraus zu machen.
Als im Pit die Tür aufging, schaute Youngjun erwartungsvoll in die Richtung.
„Du bist es nur“, sagte er, als Jongin reinkam.
„Und dir auch einen guten Morgen“, erwiderte der Sänger, etwas gekränkt.
„Jun hatte nur gehofft du bist Skye“, erklärte Chen und schaute von seinem Handy auf.
„Sie wohnt … gleich den Gang runter“, meinte Jongin und deutete in die Richtung.
„Habe ich gehört, ja“, erwiderte der Manager.
Jongin fand es faszinierend, wie beide so dickköpfig sein konnten.
Skye versuchte sich derweil abzulenken. Also fing sie an zu putzen. Natürlich hatten sie den Abwasch gestern Abend nicht mehr fertig gemacht und so hatte sie zu tun. Sie versuchte nicht an EXO zu denken oder an Jongin, doch je länger sie das Geschirr schrubbte – und ja sie hatte eine Spülmaschine, aber das hätte sie im Moment nicht befriedigt – umso mehr dachte sie daran, dass sie sich nicht wirklich von Jong verabschiedet hatte. Er war nur zwei Tage weg, aber was, wenn das Flugzeug abstürzten würde? Oder wenn die Decke der Halle einbrechen würde? Oder wenn er beim Überqueren der Straße vom Bus überfahren werden würde? Skye drehte das Wasser ab und ging los. Es war doch albern sich nicht von ihnen zu verabschieden, nur weil Youngjun da war.
Als sie die Wohnung verließ, sah die Amerikanerin, wie die Band bereits im Hof war und ihre Sachen im Van verstaute. Skye begann zu rennen, nur auf der Treppe machte sie langsam, denn bei ihrem Glück würde sie noch stürzen und sich etwas brechen. Sie hatte sich sogar gestern verbrannt, als sie die eine Lasagne aus dem Ofen geholt hatte. Nur ganz kurz war sie oben an den Ofen bestoßen und heute war es rot. Jongin hatte sie das gar nicht gesagt, wobei er den Strich, der quer über ihre Hand ging, sicherlich bald entdecken würde. Backöfen waren gnadenlos. Glätteisen übrigens auch.
Sie kam auf den Hof, als Sehun gerade als Letztes einstieg.
„Stopp!“, rief sie und der Sänger stockte. Jongin hörte ihre Stimme und lehnte sich zuerst aus dem Van und stieg dann aus, um sie in seine Arme zu nehmen. Er hob sie an der Hüfte hoch und drehte sich mit ihr.
„Na mein Dickkopf.“
Sie ignorierte diese völlige Falschaussage und küsste ihn, was die anderen mit einem ‚Uuuuuuuh‘ unterlegten. Natürlich musste sie sich jetzt von allen verabschieden und nahm jeden in den Arm – sogar Baekhyun. Als sie zu Youngjun kam, räusperte sie sich kurz.
„Gute Reise“, sagte sie, doch eigentlich dachte sie ‚Schönen Unfalltod‘.
Kaum waren EXO weg, ging Skye nach oben, um sich fertig zu machen. Sie wollte weg sein, bevor Mia zurückkam. Die Amerikanerin zog sich um und steckte sich die Haare hoch, doch gerade, als sie das Haus verlassen wollte, kam ein Anruf aus Amerika rein. Geschäft. Manchmal ließ es sich nicht vermeiden, allerdings dauerte der Anruf etwas länger, als sie gehofft hatte und nervös schaute sie auf die Uhr. Andererseits, wieso sollte Mia direkt zu ihr kommen? So eine große Sache war es nun auch nicht.
Skye öffnete ihre Haustür und fiel fast rückwärts um, als Mia vor der Tür stand – mit zwei Kaffeebechern.
„Were you … about to knock or were you just standing there? Because that would be kinda creepy.“
„Du hast doch keine Angst vor mir?“, fragte Mia, mit einem zuckersüßen Lächeln und reichte Skye einen Becher, als sie an ihr vorbei ging.
„Ein wenig …“, murmelte Skye. Immerhin war der Becher noch heiß, lange kann Mia also nicht vor der Tür gestanden haben.
Die Deutsche lehnte sich gegen den Tisch.
„Ich weiß du bist sauer, dass ich bei SM gekündigt habe.“
„Sauer? Quatscht! Ich bin froh!“
Skye zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.
„Ist das so?“
„Ja, das bedeutet, dass du wieder meine Assistentin bist. Im Endeffekt warst du ja nur eine … Leihgabe.“
Skye verstand, dass hier irgendetwas vor sich ging, sie konnte es nur nicht greifen. Vielleicht heckte Mia etwas aus. Vielleicht war sie in der Nähe von Fukushima schwimmen gegangen. Oder vielleicht war sie schwanger und völlig High von Hormonen. Egal was es war, es machte Skye Angst.
„Yay?“
„Bist du bereit Morgen wieder anzufangen?“, fragte Mia sie.
„Ja, klar.“
„Sehr gut. Ich werde dein Dong Bang Shin Ki sein.“
Und damit verschwand sie wieder aus der Tür.
„Mein Dong Bang Shin Ki? What the …?“
Skye hasste es unwissend zu sein. So zog sie los, auf der Suche nach des Rätsels Lösung und wohin führte sie ihr Weg als erstes? Na klar, zu Changmin. Wer sollte am ehesten wissen, was Mia meinte, als ein Mitglied von Dong Band Shin Ki?
Sie klopfte an die Tür des Sängers und dieser öffnete ihr lediglich mit einer Jogginghose.
„Skye … guten Morgen.“
Sie versuchte den Blick von seinem Oberkörper abzuwenden, was schwierig war, weil der genau auf ihrer Augenhöhe lag. Manchmal war es grausam so klein zu sein.
„Oppa, was meint Mia, wenn sie sagt, sie wird mein Dong Bang Shin Ki sein.“
„Keine Ahnung“, sagte er, doch sein Mundwinkel hatte sich ganz kurz zu einem Grinsen verzogen.
„Ich glaube dir nicht. Du hast gegrinst.“
„Habe ich nicht.“
„Hast du wohl.“
„Habe ich nicht.“
„Hast du wohl.“
„Habe ich nicht!“
„Hast du nicht!“
„Habe ich wohl!“, erwiderte nun Changmin und bemerkte, dass er ihr in die Falle gegangen war.
„Und wenn schon.“
„Was bedeutet das?“ Skye ließ nicht locker.
„Magst du uns?“, wollte er nun von ihr wissen.
„Ja“, erwiderte sie zögernd.
„Waren wir bisher alle nett zu dir?“
„Großteils …“ Sie erinnerte sich kurz an Jaejoongs Beziehungsratschläge, doch er war nicht wirklich gemein gewesen, nur ehrlich.
„Na siehst du.“
Er wollte gerade die Tür wieder schließen, doch Skye war immer noch nicht zufrieden und ging an ihm vorbei in die Wohnung. Dort lauerte der nächste Schock, als sie eine Frau, nur mit einem Handtuch begleitet, auf der Couch sitzen sah. Die Amerikanerin merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
„Oh, entschuldige“, sagte sie und eilte aus der Tür raus.
Nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, atmete sie erst einmal tief durch. Doch eigentlich war es klar. Es wäre auch schlimm, wenn ein Kerl mit diesem Körper keinen Frauenbesuch hätte.
Ihr Weg führte sie ins SuJu Loft.
Eunhyuk, Sungmin, Kyuhyun, Leeteuk und Siwon waren im Wohnzimmer. Siwon, ach, der war ja auch wieder da.
„Hi, guten Morgen“, kam es von Sungmin fröhlich.
Skye stand immer noch neben sich.
„Alles okay?“, fragte Leeteuk.
„Es ist noch nicht einmal 10 Uhr und ich hatte schon zwei Begegnungen der dritten Art“, erwiderte Skye.
„Willkommen bei SM Entertainment – ach sorry, da gehörst du ja nicht mehr dazu“, kam es von Kyuhyun. Skye rollte die Augen und suchte in ihrer näheren Umgebung nach etwas werfbaren.
„Ja, ja schon gut. Dafür gehöre ich jetzt wieder zu Mia. Apropos Mia! Was hat Mia eigentlich für Erfahrungen mit DBSK gemacht?“
Diesmal fiel sie nicht mit der Tür ins Haus und hoffte, dass sie so mehr Informationen erhalten würde.
„Sexuell oder …?“, kam es von Eunhyuk und bekam von Sungmin und Leeteuk gleichzeitig einen Klaps auf den Hinterkopf.
„Definiere deine Frage“, forderte Sungmin.
„Wenn Mia so etwas sagen würde wie … ‚Ich werde dein Dong Bang Shin Ki sein‘ … was genau meint sie damit?“
Die Sänger bekamen große Augen und fingen dann an zu lachen, sogar Siwon. Für die Amerikanerin hingegen war das alles sehr deprimierend.
„Kommt schon! Das ist nicht fair!“
„Willkommen bei SM Entertainment … ach warte …“, kam es wieder von Kyuhyun und diesmal warf sie einen Apfel nach ihm, dem er gerade noch so ausweichen konnte.
„Skye, tut uns leid, aber wir können uns da nicht reinhängen.“ Leeteuk, diplomatisch wie eh und je. Skye ließ die Schultern hängen. Dafür machte ihr Sungmin French Toast und das konnte er wirklich gut.
Leeteuk, Sungmin und Kyuhyun mussten zu einer Radiosendung. Eunhyuk traf sich wiederum mit Mia für einen Choreografie und ehe sie sich versah war sie alleine mit Siwon. Wieso musste es eigentlich so komisch sein? Wer sagte überhaupt, dass es das sein musste?
„Wie war der Dreh?“ Eine gute Frage zum Anfang.
„Lange und anstrengend und in jeder Minute, in der wir nicht gedreht haben, hat Mia mit uns trainiert.“
Am Freitag würde die Super Show starten.
„Bist du aufgeregt?“
„Vor jedem Eröffnungskonzert“, gab er zu und setzte sich zu ihr an den Esstisch. „Wenn die Show einmal angefangen hat, ist es in Ordnung. Aber wir werden auch nicht jünger.“
„Sag nicht, dass ihr überlegt euch aufzulösen?!“
„Nein, ich glaube so wird das bei uns nicht laufen. Ich denke, dass jeder nach und nach sich eine eigene Karriere aufbaut. Donghae ist Model und Schauspieler und mit Mia zusammen hat er einige Geschäfte. Eunhyuk und Shindong haben auch nebenbei Geschäfte, so wie Kyuhyun mit seiner Familie. Teukie ist mehr Moderator als Sänger. Ryeowook will eine Gesangsschule eröffnen … wir alle werden irgendwie erwachsen. Ich denke Super Junior wird es ewig geben, wir werden immer wieder zusammen auftreten und auf Tour gehen, nur nicht in so regelmäßigen Abständen wie bisher.“
Irgendwie machte es Skye traurig, aber so war der Lauf der Dinge. Die alten Bands wurden immer älter und es rückten so viele neue Bands nach. Wie hieß es in Take That’s ‚Never Forget‘? Someday soon this will all be someone else’s dream. Donghae und Sungmin waren verheiratet. Sungmin und Donghae hatten auch schon Kinder, beziehungsweise Sungmins Frau war gerade mit dem zweiten Kind schwanger. Ryeowook hatte eine feste Beziehung. In Korea war es normal etwas später zu heiraten, sie waren alle noch in einem akzeptablen Alter und sie sahen immer noch gut aus. Vielleicht würden sich bald ihre Prioritäten ändern. Spätestens wenn man heiratete und Kinder bekam, veränderte sich der Blick auf die Welt und vieles, was man früher für relevant hielt, wurde auf einmal unwichtig.
„Wie geht es dir?“, fragte er sie und schaute sie an.
„Gut, ja … gut.“
„Und wie geht es dir wirklich?“ Er lächelte leichte und legte den Kopf zur Seite. Er hatte diesen Dreitagebart, der ihm so unheimlich gut stand.
„Als hätte ich … einen Bienenstock im Kopf“, gab die Frau zu.
„Wirst du die Therapie weiter machen?“
„Ich denke schon – SM hat dafür bezahlt.“ Da lachte er fröhlich.
Es war ein sonniger Mittag und Skye fuhr ans Ttukseom Resort. Vorher holte sie sich bei Mouse Rabbit eine Mint Chocolate und bei Dunkin’ Donuts einen Käsebagel und dann machte sie sich auf der großen Wiese breit. Es war doch gar nicht so schlecht hier zu sein, vor allem nicht, wenn die Temperaturen langsam sich um die 20°C einpendelten und die Sonne sich öfters blicken ließ. Jongin hatte ihr schon geschrieben, dass sie wohlbehalten gelandet waren und nun auf dem Weg in die Halle waren.
Noch immer hatte sie nicht herausbekommen, was Mia mit ihrer Aussage gemeint hatte, aber egal was es war, sie würde sich nicht beschweren. Sie hatte sich es selbst ausgesucht und sie wollte arbeiten. Rumsitzen und reich sein war langweilig. Meistens. Manchmal war es auch cool bei Tiffany’s auf der 5th Avenue einzukaufen, ohne auch nur einmal auf den Preis zu schauen, aber wie gesagt, das konnte man auch nicht jeden Tag machen. Skye rechnete damit, dass Mia sie quälen würde, mit unmöglichen Aufgaben überschütten würde, nur um ihr zu zeigen, wie gut es ihr bei EXO ging. Aber Mia war nur eine Person, während EXO exponentiell mehr waren und eine Person würde sie nicht klein kriegen.
Die Amerikanerin war sogar etwas eingeschlafen und machte sich gegen 16 Uhr zurück auf den Weg ins Dorm. Ab Morgen brauchte sie ihre Kräfte. Heute würde sie also nichts machen. Sie würde ein bis zwei Filme schauen, sich etwas zu essen bestellen und früh schlafen gehen.
Ihr wisst wie das läuft, wenn man sich so etwas vornimmt?
Es war gegen 21 Uhr gewesen, als es an ihrer Tür klopfte. Sie rechnete mit Noah oder Fynn und war dann doch überrascht Jiyong und Seunghyun vor der Tür zu finden.
„Was tut ihr hier?“ Skye hatte eine Jogginghose und einen weiten Pulli an, der ihr über die Schulter fiel. Sie hatte ja aber auch nicht mit Besuch gerechnet – beziehungsweise wollte sie demnächst ins Bett.
„Schön dich zu sehen! Danke, uns geht es auch gut!“, erwiderte Seunghyun fröhlich und nahm sie in den Arm. Heute waren zu viele merkwürdige Dinge passiert und wieder musste sie die Augenbrauen zusammenziehen.
„Habt ihr getrunken?“ Wobei sie keinen Alkohol riechen konnte. Jiyong griff sich ans Herz.
„Was du von uns denkst!“
„Wir sind hier um mit dir zu feiern!“, klärte Seunghyun sie auf.
„Oh, sind unsere Scheidungspapiere durch?“, fragte Skye, voller Hoffnung.
„Ehm … noch nicht“, gab Jiyong zu.
Fragend schaute sie zwischen den beiden Männern hin und her.
„Du arbeitest wieder für Mia!“ Beide jubelten.
„Yay…?“ Ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen, zumal sie ja früh ins Bett wollte.
„Was ist das für eine Einstellung? Komm, zieh dich um und wir ziehen um die Häuser!“, forderte Seunghyun.
„Ich will bald ins Bett, ich glaube Mia plant etwas Fieses.“
„So ein Quatsch!“ Und bevor sie sich wehren konnte standen beide in ihrer Wohnung. Wiederstand war wohl zwecklos.
„Okay … aber nur kurz …“